Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium Erste Parlamentarier dürfen Blick in geheime TTIP-Akten werfen

Berlin · Die ersten Abgeordneten des Bundestags erhalten nach monatelangem Tauziehen jetzt Einsicht in die Verhandlungsdokumente zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP.

 Eröffnung des TTIP-Leseraums im Wirtschaftsministerium.

Eröffnung des TTIP-Leseraums im Wirtschaftsministerium.

Foto: dpa, bvj vfd

In einem eigens dafür eingerichteten Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium dürfen die Parlamentarier seit Montagvormittag die geheimen Papiere lesen. Für die Abgeordneten gelten allerdings strenge Regeln: So müssen sie beispielsweise ihr Mobiltelefon abgeben, damit sie keine Fotos von den vertraulichen Dokumenten machen können. Für die jeweils zweistündigen Termine im Leseraum lagen bis Ende der vergangenen Woche nach Angaben des Bundestags 39 Anmeldungen vor.

Mit dem geplanten Freihandelsabkommen Tansatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) wollen die EU und die USA die weltgrößte Freihandelszone mit 800 Millionen Menschen schaffen. Mit dem Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum entstehen. Verbraucher- und Umweltschützer fürchten jedoch, dass europäische Standards gesenkt werden könnten. Die Gespräche über TTIP laufen bereits seit Mitte 2013.

Erst nach zahlreichen Protesten hatten die USA und die EU-Kommission eingewilligt, dass sich Bundestagsabgeordnete die Unterlagen anschauen dürfen. Der SPD-Parlamentarier Dirk Wiese sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung", der aber noch nicht ausreichend sei. Er wolle die Papiere auch im Bundestag einsehen können, sagte Wiese am Montag dem rbb-Sender Radioeins. "Es kann nicht alles transparent sein, aber soviel Transparenz wie möglich."

Die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn erwartet keine schnelle Einigung. "In vielen wichtigen Kapiteln gibt es kaum substanzielle Einigungen", sagte Höhn, nachdem sie am Montag in Berlin Einblick in die geheimen Verhandlungsunterlagen nehmen konnte. Eine Klärung in der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama, die noch ein Jahr läuft, hält Höhn deshalb für sehr unwahrscheinlich. "Damit ist insgesamt fraglich, ob es jemals zu einer Unterzeichnung von TTIP kommt." Eigentlich müsse man die komplizierten Schriftstücke mit Experten diskutieren. "Das ist aber aufgrund der Geheimhaltungsvorschriften nicht möglich."

Der Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst sprach nach seinem Besuch im Leseraum sogar von einer Farce: "Die vorgelegten handelsrechtlichen Texte sind in Englisch, für drei Abgeordnete stand nur eine Dolmetscherin des Wirtschaftsministeriums zur Verfügung."

(dpa)
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