Lohngleichheit für Männer und Frauen Was die lieben Kollegen verdienen

Berlin · Führende Wirtschaftsvertreter haben Kritik an den Gesetzesplänen der Koalition zur Entgeltgleichheit von Frauen und Männern geübt. Arbeitgeberchef Ingo Kramer sprach von einem "bürokratischen Placebo".

Auch die Unternehmen seien dafür, dass Frauen bei der Bezahlung nicht benachteiligt würden, sagte Arbeitgeberpräsident Kramer unserer Redaktion. Doch "die Beamtenpläne des Bundesfamilienministeriums verpassen diese Chance, indem sie mit einem bürokratischen Placebo hantieren". Eingriffe in die Tarifautonomie und neue Bürokratie würden Haltungen nicht verändern, sagte Kramer. Auch die Wirtschaft wolle, "dass sich die Orientierung über Berufe mit guten Verdienstaussichten für Frauen verbessert, dass mehr Frauen ihren Berufsweg ohne längere Unterbrechungen gehen und damit öfter in Führungspositionen gelangen". Aber das werde mit dem Lohngleichheits-Gesetz nicht erreicht.

Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, sagte: "Fast die gesamten Lohnunterschiede resultieren aus familienbedingten Auszeiten und Teilzeittätigkeiten sowie den unterschiedlichen Berufswahlverhalten." Das Gesetzesvorhaben gehe "wissentlich an diesen Kernthemen vorbei und zielt mit großem bürokratischen Aufwand auf Nebenschauplätze".

Das Thema Lohngleichheit für Männer und Frauen war in der Nacht zum Donnerstag Thema in der Sitzung der Koalitionsspitzen im Kanzleramt. SPD-Familienministerin Manuela Schwesig dringt darauf, diese Vereinbarung des Koalitionsvertrags noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Die Union will den Vertrag einhalten - mehr allerdings auch nicht.

Über die Interpretation der Passage in der Koalitionsvereinbarung gibt es zwischen Union und SPD unterschiedliche Auffassungen: Nach Meinung der Union können sich nur Frauen in Betreiben mit mehr als 500 Beschäftigten künftig bei ihrem Arbeitgeber erkundigen, was die männlichen Kollegen in vergleichbarer Position verdienen. Die SPD meint dagegen, dies solle für alle Firmen gelten. Nach dem Koalitionsvertrag sollen größere Firmen zudem zur Transparenz in ihren Lageberichten verpflichtet werden, wie es um Frauenförderung und Entgeltgleichheit steht. Auch die Tarifpartner sind gefragt, da ungleiche Löhne auch in den Branchen verankert sind.

Nach Daten des Bundesarbeitsministeriums liegt die Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttoverdiensten von Männern und Frauen aktuell bei 21,6 Prozent. Zieht man Faktoren wie Branche, Hierarchie oder Teilzeitbeschäftigung ab, bleibt bei vergleichbaren Qualifikationen noch eine unerklärte Lohnlücke von sieben Prozent.

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