Gesamtkonzept soll vorgestellt werden Eins ist sicher — die Rentendebatte

Berlin · Die SPD plädiert für die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze, die Union fordert eine neue Rentenkommission.

Zuschussrente, Garantierente, Solidarrente - die Konzepte im Check
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Foto: dpa, Klaus-Dietmar Gabbert

Führende Unionspolitiker haben die Bundesregierung davor gewarnt, sich vorschnell in dieser Legislaturperiode auf die langfristige Stabilisierung der Renten und auf eine neue Untergrenze beim Rentenniveau nach 2030 festzulegen. "Wir müssen grundsätzlich über das Verhältnis von Rentenbeitragssatz, Renteneintrittsalter und Rentenniveau ab 2030 reden. Dafür sollten wir uns die nötige Zeit nehmen", sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn.

"Es gibt jetzt keinen Grund zur Eile. Bis 2030 ist noch genügend Zeit", mahnte der Finanz-Staatssekretär. "Wir brauchen zunächst eine Rentenkommission, die nach einem neuen fairen Ausgleich sucht, der einerseits die Jungen nicht überfordert und andererseits dafür sorgt, dass Ältere nicht in die Armutsfalle geraten", sagte auch der Chef der Senioren-Union, Otto Wulff.

Vor großen Rentenreformen hatte es in der Vergangenheit häufig Rentenkommissionen gegeben. Solche Expertenrunden erleichtern den gesellschaftlichen Konsens. Der ist nötig, weil die Alterung ab 2020 rapide voranschreiten wird. Die Rentenausgaben würden in 15 Jahren um etwa 200 Milliarden Euro höher liegen als heute, warnte gestern Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will Mitte November ein Gesamtkonzept für die Rente vorlegen. Sie dämpfte am Freitag aber hoch gesteckte Erwartungen der Gewerkschaften, die das Rentenniveau — den Anteil der gesetzlichen Rente am Durchschnittslohn — mindestens auf dem heutigen Niveau von 47,8 Prozent einfrieren wollen. "Ich kann nicht versprechen, dass die Bäume in den Himmel wachsen werden", sagte sie auf dem Sozialstaatskongress der IG Metall in Berlin. Auch sie wolle die gesetzliche Rente stärken. "Ihr könnt euch auf mich verlassen, wenn es darum geht, die gesetzliche Rentenversicherung zukunftsfest für die nächsten 50, 60 Jahre zu machen."

Auch Sozialpolitiker der Union wollen beim Rentenniveau eine neue Untergrenze einziehen. "Es ist aus meiner Sicht wichtig, das Rentenniveau bis 2030 und darüber hinaus bei 45 Prozent zu stabilisieren. Eine Beteiligung der Beitragszahler ist für ein besseres Rentenniveau unentbehrlich", sagte der CDU-Rentenpolitiker Karl Schiewerling. Ohne eine politisch festgelegte Untergrenze würde das Rentenniveau bis 2045 auf 41,6 Prozent sinken.

Die SPD wolle ebenso verhindern, dass das Rentenniveau "ins Bodenlose abrutscht", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. "Zur Gegenfinanzierung ist für uns auch eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze denkbar, damit künftig starke Schultern mehr Verantwortung übernehmen", sagte sie. Dies dürfte in der Union nicht auf Gegenliebe stoßen. Würde die Grenze abgeschafft, träfe dies Besserverdienende und ihre Arbeitgeber, deren Beitragslast deutlich steigen würde.

SPD-Konzept der Lebensleistungsrente lehnt Union ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Unionsfraktionschef Volker Kauder wollten am Freitagabend die Positionen der Union bei den noch offenen Rentenvorhaben des Koalitionsvertrags festlegen. Dabei geht es um die Angleichung der Ost-Renten an West-Niveau und die Einführung einer Lebensleistungsrente für Geringverdiener. "Die Angleichung der Ost-Renten ist langfristig richtig und gewollt. Sie sollte aber schrittweise über zehn Jahre erfolgen", sagte Spahn.

Nahles hatte dagegen nur zwei Schritte 2018 und 2020 vorgeschlagen. Die CSU wollte der Angleichung der Ost-Renten nur zustimmen, wenn die Renten älterer Mütter erneut angehoben würden. "Eine weitere Erhöhung der Mütterente wäre viel zu teuer. Das sollten wir sein lassen", so Spahn.

Auch das SPD-Konzept der Lebensleistungsrente lehnt die Union ab. Stattdessen plädiert sie für einen neuen Renten-Freibetrag in der Grundsicherung. Bis zu einem Freibetrag von bis zu 200 Euro monatlich könnte die gesetzliche Rente nicht auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Zudem solle die Erwerbsminderungsrente zukünftig um bis zu zwei Zurechnungsjahre steigen.

(jd, mar)
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