Union und SPD verhandeln Eine zu teure Groko kann den Aufschwung kosten

Meinung | Berlin · Eine Zeit ohne reguläre Regierung kann der Wirtschaft gut tun. Aber auf ein Hoch kann schnell ein Tief folgen. Die Parteien müssen verantwortungsvoll handeln - besonders die SPD. Beim Thema Rente können sie das unter Beweis stellen.

 Angela Merkel und Martin Schulz im Berliner Bundestag.

Angela Merkel und Martin Schulz im Berliner Bundestag.

Foto: rtr/Fabrizio Bensch

Der deutschen Wirtschaft kann es kaum besser gehen als zurzeit. Für 2018 sind die konjunkturellen Aussichten sogar noch rosiger als für das zu Ende gehende Jahr. Angesichts der desolaten politischen Lage ist das fast schon erstaunlich. Phasen politischer Unsicherheit wirken also nicht unmittelbar negativ auf die Stimmung von Bürgern, Unternehmen und Investoren, wenn alle übrigen Faktoren unverändert positiv bleiben.

Eine begrenzte Zeit lang nicht zu regieren, kann der Wirtschaft offenbar sogar gut tun. Sie muss dann nicht ständig neue Regulierungen oder Kostenbelastungen befürchten. Aber je länger diese Phase andauert, desto eher droht ein Stimmungswechsel. Aus der Hochstimmung kann schnell auch Untergangsstimmung werden — vor allem, wenn der Eindruck entstünde, auch Union und SPD schafften es nicht, eine für mehrere Jahre stabile Regierung auf die Beine zu stellen.

Parteien haben Verantwortung. Deshalb war es schon richtig, dass sich die SPD nun endlich offen für eine große Koalition erklärt hat. Doch schon der überall zu hörende Ruf, eine neue Groko habe einen hohen Preis, lässt nichts Gutes erahnen. Denn was die SPD als Preis für eine große Koalition einstreichen möchte, wird ja nicht die Union bezahlen.

Bezahlen werden ihn die Beitragszahler, die Steuerzahler von der Mitte an aufwärts — und die Unternehmen, von denen die meisten Einkommenssteuerzahler sind, weil ihre Rechtsform die Personengesellschaft ist. Sollte der Preis der SPD also zu hoch sein, träfe das am Ende die Volkswirtschaft als Ganzes. Der Abschwung, der unweigerlich 2019 oder danach kommen wird, wird dann umso stärker sein.

Deshalb ist nochmals Verantwortung gerade bei der SPD gefragt. Für die geschwächte CDU geht es darum, jetzt nicht aus lauter Panik, keine Regierung zustande zu bringen, der SPD und der CSU zu viele teure Projekte zuzusagen, die ein alterndes Land wie Deutschland sich nicht leisten darf, wenn es in Zukunft noch wettbewerbsfähig bleiben will.

Beim Kernthema Rente müssen die Parteien aufpassen, nicht die Fehler der letzten Legislaturperiode zu wiederholen. Neue teure Projekte wie die Rente mit 63 oder die Erhöhung der Mütterrenten dürfen den Beitragszahlern nicht erneut aufgebürdet werden. Union und SPD wollen beide eine Solidarrente für die einführen, die Jahrzehnte eingezahlt, aber dennoch keinen Rentenanspruch höher als die Grundsicherung haben.

Die Solidarrente ist nicht zu verhindern, und das ist wegen des durchschlagenden Gerechtigkeitsarguments auch in Ordnung. Allerdings lässt sich bei den Parametern für den Zugang zur Solidarrente viel falsch machen.

Das beginnt mit der Zahl der Jahre, die jemand mindestens eingezahlt haben soll. Sind es 45 Jahre oder nur 35 Jahre? Und setzt sich fort mit der Frage nach dem Abstand der Rente zur Grundsicherung. Je größer die Zahlen, desto teurer das Projekt. Union und SPD wollen beide die Solidarrente aus Steuermitteln bezahlen. Sie müssen aber aufpassen, die Steuerzahler — und damit auch den Mittelstand - nicht zu überfordern.

(mar)
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