Merkel irritiert das Parlament Die Hand beim Eid blieb unten

Berlin (RPO). Angela Merkel hat den Amtseid als Bundeskanzlerin abgelegt. Ein bisschen nervös wirkte sie, aber ansonsten verlief die Zeremonie ohne Pannen. Bis auf die Sache mit der rechten Hand. Als die CDU-Vorsitzende am Mittag die vorgeschriebene Eidesformel ablegte und damit ihre Wiederwahl abschloss, ließ sie beide Hände unten. Vor vier Jahren sah das noch anders aus. Nun rätseln die Beobachter.

 Im Jahr 2005 hob Angela Merkel beim Amtseid noch die Hand. Vier Jahre später sah das anders aus.

Im Jahr 2005 hob Angela Merkel beim Amtseid noch die Hand. Vier Jahre später sah das anders aus.

Foto: ddp, ddp

Vor vier Jahren war noch alles ganz anders bei der Kanzlerwahl. Die Aufregung war größer, es standen mehr ausländische Übertragungswagen vor dem Reichstagsgebäude, es saßen mehr Gäste auf der Besuchertribüne. Damals wurde schließlich zum ersten Mal eine Frau, noch dazu eine Ostdeutsche, an die Regierungsspitze gewählt. Im Jahr 2009 ist Deutschland ein Stück weiter in der Normalität angekommen.

Die Wiederwahl Merkels war am Mittwoch natürlich so gut wie sicher, schon deswegen hielt sich die Aufregung in Grenzen. Dass ihr mit 323 Stimmen neun Stimmen zur vollen Abgeordnetenstärke von Union und FDP fehlten, konnte allenfalls die Opposition in Wallung versetzen.

Das Gesetz schreibt nur die Formel vor

Nach einem nahezu fahrplanmäßigen Ablauf sorgte die Kanzlerin dann aber um 13.03 Uhr selbst noch für Debatten unter den Beobachtern. "Da hat sie doch vor lauter Aufregung vergessen, die Hand zu heben", kommentierte ein Fotograf das Geschehen unten im Plenarsaal. Merkel hatte wie üblich neben der Deutschlandfahne Aufstellung genommen, vor ihr stand Bundestagspräsident Norbert Lammert, um ihr den vorgeschriebenen Eid abzunehmen. Während Merkel bei ihrem Amtsantritt vor vier Jahren jedoch noch die rechte Hand gehoben hatte, blieb diese diesmal unten.

Das Grundgesetz schreibt in den Artikeln 56 und 64 lediglich vor, dass die Eidesformel zu sprechen ist - über die Gestaltung gibt es keine Vorschriften. Aber zumindest entspricht es einer guten Tradition. Bundespräsident Horst Köhler hob bei seiner Vereidigung die Hand, Altkanzler Helmut Kohl hatte es getan, viele Minister tun es.

Krönung der Karriere

Von welchen Emotionen Merkel getrieben wurde, dürfte niemand besser gewusst haben als der scheidende Kanzleramtsministers Thomas de Maiziere, der als einer der engsten Vertrauten der Regierungschefin gilt. Aus seiner Sicht sprach es Bände, wie Merkel nach der Wahl ganz allein auf der Regierungsbank saß, wie er dem Fernsehsender Phoenix verriet: "Diese Mischung aus Freude und Verantwortung, der Schalk in den Augen und die Last auf den Schultern - das ist dies ambivalente Gefühl, das wir alle ein bisschen haben. Das ist ein ehrliches und gutes Gefühl für diesen Tag."

Merkels Ehemann Joachim Sauer war, wie schon vor vier Jahren, nicht zu sehen. Dafür waren ihre Eltern wieder gekommen und sahen zu, wie die 55-jährige Tochter mit ihrer Wiederwahl eine politische Karriere krönte, die ihr zu Beginn kaum jemand zugetraut hätte. Ende 1990 hatte Merkel ihren Weg begonnen, sie tauchte praktisch aus dem Nichts auf, wurde Generalsekretärin, dann Parteichefin und nun zum zweiten Mal Kanzlerin.

Viel Zeit, sich zu freuen, hatte Merkel nicht. Nach ihrer Vereidigung mussten noch die Minister ihres neuen Kabinetts vereidigt werden, es warteten Interviews bei Fernsehsendern und ein Abendessen in Paris mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Am Donnerstag und Freitag steht der Europäische Rat in Brüssel auf ihrem Programm, am Montag und Dienstag reist die Kanzlerin in die USA und trifft dort unter anderem mit US-Präsident Barack Obama zusammen. Für den Smalltalk haben beide dann schon ein Thema: Obama hatte bei seiner Vereidigung die Hand zum Schwur erhoben.

(AP/pst)
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