Schottischer Traditionsklub Die Glasgow Rangers sind wieder da

Glasgow/Düsseldorf · Knapp vier Jahre nach der Insolvenz und dem Zwangsabstieg in die vierte schottische Liga steht der Klub vor der Rückkehr in die Premier League. Heute kann es so weit sein - für viele Schotten ein Feiertag, für viele das Gegenteil.

 Ein Rangers-Fan auf dem Weg ins Stadion. Sein Dress ist mit vielen Union Jacks bedruckt. Symbol für die Bindung des Klubs an Großbritannien.

Ein Rangers-Fan auf dem Weg ins Stadion. Sein Dress ist mit vielen Union Jacks bedruckt. Symbol für die Bindung des Klubs an Großbritannien.

Foto: imago

Der 11. August 2012 ist in den Annalen des FC Peterhead dick unterstrichen. An jenem Samstagmittag haben sich in dem winzigen Stadion in der tiefsten schottischen Provinz 4485 Zuschauer eingefunden. Mehr als jemals zuvor in der Vereinsgeschichte, fast 4000 mehr, als der Klub gegen jeden anderen Kontrahenten in jener Saison begrüßen darf. Der Grund dafür ist der Gastverein. Die großen Glasgow Rangers sind gekommen - nicht zu einem Freundschaftsbesuch, sondern zu einem Ligaspiel. Wenige Monate zuvor haben die Rangers ihre Lizenz für die Premier League verloren, sind in Insolvenz gegangen und in die League Two strafversetzt worden. Der Name ist verharmlosend, denn die "League Two" ist in Schottland nur die vierthöchste Spielklasse.

Das triste 2:2, das der traditionsreiche Rangers FC in Peterhead erreicht, ist der Auftakt zu einer vierjährigen Leidenszeit. Nicht allein für den Klub, der 54 Landesmeister-Titel und 1972 sogar den Europapokal der Pokalsieger geholt hat. Mehr noch für die vielen Fans in ganz Schottland, für die ihre "Gers" so viel mehr sind als nur ein Fußballverein. Heute wird sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu Ende gehen: Um 20.45 Uhr ist im ausverkauften Ibrox Stadium Anstoß zum Zweitligaspiel gegen den FC Dumbarton. Gewinnen die favorisierten Rangers, haben sie die Rückkehr in die Erstklassigkeit geschafft. Und wenn es heute nicht gelingt, dann eben in einem der vier folgenden Spiele.

Jubeln werden darüber längst nicht alle in Schottland. Die Fans des Celtic FC sowieso nicht, denn die Rivalität zwischen den beiden wichtigsten Klubs der 600.000-Einwohner-Stadt Glasgow geht weit über das Sportliche hinaus. Meist werden die Unterschiede an der Religion festgemacht - Celtic als der Klub der Katholiken, Rangers als der der Protestanten. Das jedoch ist tatsächlich nur ein Stellvertreter-Konflikt für das Politische: Die Rangers stehen für die Bindung an Großbritannien, während Celtic Sammelpunkt der irischen Einwanderer ist.

Irrwitzige Finanzspielchen

Doch nicht nur die Grün-Weißen kritisieren die Rückkehr der Rangers. Nach deren irrwitzigen Finanzspielchen und Steuerschwindeleien verbannte die Liga 2012 die Blau-Weiß-Roten, die einen horrenden Schuldenberg aufgehäuft hatten - der "Kicker" schrieb von 167 Millionen Euro. Zurückgezahlt ist davon bis heute nichts, was an einem waghalsigen Kniff liegt: Nach der Insolvenz gründete sich der Rangers FC neu, unter demselben Namen und demselben Logo. Die alte Zeche zahlt der neue Klub nicht, ein Rechtsstreit schwelt.

Den Fans der "Gers" ist das egal. Ebenso wie der Spott der Celtic-Anhänger, als es im Halbfinale des Ligapokals der Vorsaison zum ersten Stadtduell seit mehr als drei Jahren kam, das Celtic 2:0 gewann. "Das ist kein Old Firm Derby", hieß es damals auf der offiziellen Celtic-Fanseite im Internet. "Was da aus der vierten Liga hochgekommen ist, hat mit den alten Rangers nichts zu tun."

Das sehen deren Supporter völlig anders. Sie hielten den Rangers stets die Treue: Zum ersten Viertliga-Heimspiel gegen East Sterling kamen 49.118 Zuschauer, der Schnitt in Ibrox pendelte sich auf sensationelle 45.744 ein. Der RFC stieg mit nur zwei Niederlagen auf, marschierte dann ungeschlagen durch Liga drei, ehe es einen Zwischenstopp in der Zweitklassigkeit gab: 2015 wurden die Glasgower nur Dritter, scheiterten in der Relegation am FC Motherwell. Gegen den Tabellenachten Dumbarton soll diese Scharte heute ausgewetzt werden. Der knorrige englische Trainer Mark Warburton (53) mahnt zwar: "Natürlich wäre es schön, wenn wir die Rückkehr in Ibrox perfekt machten. Aber wir haben nichts zu feiern, bevor es nicht unter Dach und Fach ist." Warburton hat jedoch nach seinem Amtsantritt im Juni 2015 die richtigen Weichen gestellt, die zuvor bereits murrenden Fans voll hinter sich und sein Team gebracht.

Kapitän Lee Wallace (28) ist als überragender Linksverteidiger - der schon in Liga vier dabei war - dessen Seele, Torhüter Wes Foderingham (25) der Rückhalt, Mittelfeldmotor Jason Holt (23) das Riesentalent, Martyn Waghorn (26) mit 28 Liga-Treffern der Torjäger. Noch sind die Namen außerhalb Schottlands kaum bekannt, doch schon das nächste Firm Derby im Pokal-Halbfinale am 17. April bringt sie der großen Bühne näher. Dem Spott und der Kritik der Konkurrenz zum Trotz: Die Rangers sind wieder da.

(jol)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort