Fragen und Antworten Der Streit mit den Medien: Darf die AfD die Presse ausladen?

Berlin/Koblenz · Bei den Veranstaltungen der Alternative für Deutschland (AfD) dürfen Journalisten manchmal nicht dabei sein, manchmal werden nur einige gezielt ausgeschlossen. Das wirft nicht zuletzt juristische Fragen auf.

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

"Freiheit für Europa": Das ist der Titel eines Treffens europäischer Rechtspopulisten am Samstag in Koblenz. Neben AfD-Chefin Frauke Petry werden dort auch Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National und Geert Wilders, Chef der niederländischen PVV sprechen. Ein Teil der Medien ist zur Berichterstattung nicht zugelassen. Die baden-württembergische AfD hat die Presse mehrfach komplett ausgeschlossen, am Sonntag soll sie zu einem Landesparteitag in Nürtingen erneut nicht zugelassen werden.

Dürfen Parteien darüber entscheiden, ob sie Medien generell zur Berichterstattung zulassen oder nicht?

Im Parteiengesetz ist die Zulassung der Medien nicht geregelt. Allerdings gehen Juristen davon aus, dass die Parteien das nicht nach Gutdünken entscheiden dürfen. "Parteien haben aufgrund ihrer zentralen Rolle bei der politischen Willensbildung in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung auch besondere Pflichten", sagt der Hamburger Medienrechtler Prof. Stefan Engels. Vor allem bei Parteiveranstaltungen, auf denen ein Programm verabschiedet wird oder Kandidaten aufgestellt werden, sei der Presse "zwingend Zugang zu gewähren." Das träfe also auf Parteitage zu, nicht aber ohne weiteres auf das Treffen in Koblenz.

Wie sieht es mit einem selektiven Verbot für Medien aus, wenn also die einen zugelassen werden und die anderen nicht?

Der Sprecher des Presserats, Manfred Protze, sieht die Parteien in der Pflicht, einen "diskriminierungsfreien Zugang" zu gewähren. Der Berliner Medienrechtler Prof. Johannes Weberling sieht das etwas anders: "Rechtlich möglich ist das. Lediglich die öffentliche Hand hat die gesetzliche Pflicht nach dem Presserecht, alle Medien gleich zu behandeln." Ein Zulassungsverbot für einzelne Medien habe zwar ein "Gschmäckle", aber unzulässig sei es nicht. Weberling rät zur Solidarität der Medien: "Da muss man sich als Medium überlegen, ob man da mitmacht, auch als Medium, das eingeladen ist."

Was unterscheidet eine Parteiveranstaltung von anderen Treffen?

Für eine private Versammlung, aber auch für die Veranstaltung eines Unternehmens, gelten andere Regeln als für Parteien. "Wenn es sich um eine rein private Veranstaltung handelt, sieht das natürlich anders aus", sagt Medienrechtler Engels. Die Frage ist nur: Was ist eine private Veranstaltung und was nicht? "Parteien sind etwas anderes als Sportclubs oder private Vereine", sagt Presserats-Sprecher Protze. "Die AfD müsste also darlegen, dass es sich nicht um eine Parteiveranstaltung handelt".

Zum Treffen am Samstag in Koblenz laden die europäischen Rechte ENF (Europa der Nationen und der Freiheit) im Europaparlament und ihr deutsches Mitglied Marcus Pretzell von der AfD ein. In der Einladung heißt es: "In Koblenz versammeln sich die Spitzenpolitiker des neuen Europa. Sie stehen kurz davor, in ihren Ländern die Regierungsverantwortung zu übernehmen." Als privat lässt sich das Treffen also kaum bezeichnen.

Warum macht die AfD das?

Da gibt es wohl mehrere Gründe. Insgesamt sind in der Partei vor allem die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender ("GEZ-Medien") ziemlich unbeliebt. Es gibt aber vor allem bei Landesparteitagen auch die Sorge, einzelne Redner könnten durch unqualifizierte Beiträge das Image der Partei beschädigen. Der Stuttgarter Landeschef Lothar Maier sagte: "Es war auch die Erfahrung, dass in der Vergangenheit die wenigen negativen Momente gesendet und verbreitet wurden, die wohlerwogenen Beiträge aber nicht."

Gibt es Auflagen für Medien auch bei anderen Parteien?

Gremiensitzungen sind bei vielen Parteien nicht öffentlich, also Vorstandstreffen, Klausuren, Beratungen der Fraktionsspitzen etc.. Hier wird in der Regel anschließend auf einer Pressekonferenz informiert. Parteitage sind aber grundsätzlich öffentlich. Den selektiven Ausschluss einzelner Medien gibt es nicht. Beschränkungen können aber immer dadurch entstehen, dass es Platzprobleme gibt, etwa im Flugzeug bei der Begleitung eines Ministers.

Hat es in der Vergangenheit Benachteiligungen einzelner Medien gegeben?

Da werden manche Geschichten kolportiert, Belege gibt es aber nicht. Aktenkundig ist ein Fall aus den 80er Jahren. Die alternative Tageszeitung "taz" klagte dagegen, dass sie jahrelang von einer "Mittwochsrunde" beim Berliner Polizeipräsidenten ausgeschlossen war. Das Verwaltungsgericht gab der "taz" Recht. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit verböten, dass sich der Präsident aussuchen könne, welche Journalisten er um sich haben möchte.

(felt/dpa)
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