Bundeswehr Der Truppe fehlen 21.000 Soldaten

Berlin · Die Verteidigungsministerin prüft, ob die Bundeswehr vergrößert wird. Experten beziffern den Bedarf auf 200.000 Uniformierte – derzeit sind es 179.000. Der Wehrbeauftragte will mehr Flexibilität.

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Die Verteidigungsministerin prüft, ob die Bundeswehr vergrößert wird. Experten beziffern den Bedarf auf 200.000 Uniformierte — derzeit sind es 179.000. Der Wehrbeauftragte will mehr Flexibilität.

Angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen hält die Unionsfraktion im Bundestag das Konzept zum Umfang der deutschen Streitkräfte aus dem Jahr 2011 mit bis zu 185.000 Planstellen für überholt. "Um den Bedrohungen zu begegnen, ist dieser Umfang nicht mehr ausreichend", sagte Verteidigungsexperte Henning Otte (CDU). Ex-Generalinspekteur Harald Kujat vermag auch schon den Bedarf zu nennen: "190.000 Soldaten sind das Minimum, 200.000 das Optimum", sagte er unserer Redaktion. Zudem will er die freiwillig Längerdienenden durch Zeitsoldaten ersetzen, die sich für zwei Jahre verpflichten.

Die Debatte hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eröffnet, als sie den geplanten Kampfeinsatz der Bundeswehr gegen die Terrormiliz IS in Syrien vorstellte. Die Ministerin hatte angekündigt nachzusteuern, falls "Aufgabenqualität und Personalausstattung" nicht mehr zueinander passten. Die Untersuchungen zum "Personalkörper" seien bereits angelaufen. Bei den Zivilbeschäftigten hatte sie angesichts der offensichtlich zu rigoros ausgefallenen Einschnitte die Marke von 55.000 bereits wieder auf 57.000 Mitarbeiter heraufgesetzt. Es mehren sich Hinweise, dass auch diese Aufstockung noch nicht reicht.

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Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels verwies darauf, dass die Zahl von 185.000 derzeit nur auf dem Papier stehe. Tatsächlich habe die Bundeswehr derzeit nur einen Umfang von knapp 179.000. Das sei dadurch zu erklären, dass jeder Teilbereich darauf achte, die jeweilige Obergrenze nicht zu überschreiten. "Das ganze System muss flexibler werden", forderte Bartels. Die Bundeswehr müsse "weg vom Obergrenzen-Dogmatismus". Niemand werde Anstoß daran nehmen, wenn es angesichts besonderer Herausforderungen statt 185.000 auch mal 187.000 Soldaten seien, so wie derzeit auch niemand das Sinken auf 179.000 beanstande. Viel Sympathie hat Bartels deshalb für eine "temporäre Verstärkung für einzelne Aufgaben", wie sie die SPD für die Bewältigung der Flüchtlingskrise vorgeschlagen habe. Dafür könnten pensionierte Soldaten für zwei Jahre aus dem Ruhestand in den Dienst zurückgeholt werden. "Das werden sicherlich viele gerne in Anspruch nehmen", sagte Bartels voraus.

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold verfolgt ein anderes Flexibilisierungsmodell, das zudem den Mangel an Zivilbeschäftigten ausgleichen soll. Er schlägt vor, das "in sich geschlossene Personalkonzept" durch eine "kluge Personalplanung" zu ersetzen, nach der künftig am Anfang eine Ausbildung für die Zivilverwaltung stehen, eine Phase als Zeitsoldat über zwölf Jahre folgen und dann eine Rückkehr in die Zivilverwaltung bis zum Erreichen der Pensionsgrenze stehen könne. Wichtig sei zunächst einmal eine durchgreifende Bestandsaufnahme. "Die Ministerin muss eine Aufgabenkritik vornehmen und sich von dem Konzept 'Breite vor Tiefe' trennen", erläuterte Arnold.

Unter dieser Vorgabe versteht die Bundeswehr derzeit, grundsätzlich alle in Betracht kommenden Aufgaben erfüllen zu können, wenn auch schlechter als eigentlich nötig und nicht dauerhaft. Besser wäre es, so Arnold, die Aufgaben zu identifizieren, in denen die Bundeswehr stärker werden müsse, und dort das Personal zu verstärken. Erst wenn diese Schwerpunkte klar seien, könnten konkrete Zahlen über den künftigen Umfang ermittelt werden. Zudem würden nach dem Wegfall der Wehrpflicht immer noch zu viele Aufgaben von Uniformierten erfüllt, die auch Zivilbedienstete übernehmen könnten. "Wir müssen die Truppe von Verwaltungsaufgaben entlasten", so Arnold.

(may-)
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