Vorschlag von Verkehrsminister Dobrindt So funktioniert die automatische Wegfahrsperre

Düsseldorf · Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will automatische Wegfahrsperren für Alkoholsünder einführen. In Schweden, den Niederlanden und Frankreich sind solche sogenannten Alkohol-Interlock-Systeme bereits im Einsatz. Wie funktioniert das überhaupt?

 Ein Alkohol-Inlock-System verhindert, dass Fahrer den Motor starten können, wenn sie getrunken haben.

Ein Alkohol-Inlock-System verhindert, dass Fahrer den Motor starten können, wenn sie getrunken haben.

Foto: Dräger

Ein Busfahrer, der betrunken Schulkinder nach Hause bringt — das ist der Albtraum aller Eltern. Kürzlich hielt in Soest eine Lehrerin einen Busfahrer davon ab, Kinder alkoholisiert von einem Schwimmbad abzuholen. Solche womöglich lebensrettenden Eingriffe soll in Deutschland nach dem Willen des Bundesverkehrsministers bald moderne Technik übernehmen.

Alexander Dobrindt möchte mit eingebauten Wegfahrsperren verhindern, dass sich Fahrer alkoholisiert ans Steuer setzen. "Alkohol am Steuer ist immer noch eine der häufigsten Unfallursachen. Deshalb brauchen wir Wegfahrsperren bei schweren Alkoholvergehen oder bei Wiederholungstätern als starkes Signal gegen Alkoholmissbrauch am Steuer", sagte der Minister auf Anfrage unserer Redaktion.

Europäische Nachbarländer haben damit gute Erfahrungen gemacht. In Schweden, in den Niederlanden und in Frankreich gibt es teilweise schon Gesetze, die sogenannte Alkohol-Interlocks vorschreiben. In Schweden müssen alle Schulbusse ein solches System haben, damit sie überhaupt zugelassen werden. Auch manche Bus- oder Taxiunternehmen statten dort ihre Fahrzeuge mit Wegfahrsperren aus. Nur in Deutschland sind solche Geräte kaum im Einsatz, sagt Herbert Glass vom Unternehmen Dräger, das Alkohol-Interlocks vertreibt.

Alkohol-Interlocks bestehen meist aus zwei Komponenten, erklärt Glass: Es gibt einen Mechanismus, der den Anlasser bei Fahrzeugen blockiert. "Damit wird verhindert, dass der Funke überspringt, um den Motor anzulassen."

Die zweite Komponente besteht aus einem kleinen Gerät in der Größe eines Mobiltelefons, das meistens in die Mittelkonsole eingebaut wird. Es hat eine Vorrichtung zum Pusten und einen eingebauten Sensor, der die Alkoholkonzentration in der Atemluft misst. "Diese Geräte funktionieren genauso wie die polizeilichen Messgeräte." Liegt der Wert innerhalb des vorher eingestellten Grenzbereichs, wird die Wegfahrsperre aufgehoben.

Knapp 1500 Euro kostet ein Alkohol-Interlock

Je nach Ausstattung haben die Systeme Kameras oder Infrarotsensoren, die feststellen können, ob die Person, die gepustet hat, auch fährt oder ob sich jemand anderes auf den Fahrersitz setzt. Knapp 1500 Euro kostet nach Angaben des Herstellers ein solches Gerät. "Es kann von jeder Werkstatt eingebaut werden."

Während in den USA, Australien, Frankreich, Schweden oder den Niederlanden der Einsatz der Alkohol-Interlocks mittlerweile etabliert ist, ist das in Deutschland noch lange nicht der Fall. Glass spricht von "homöopathischen Größenordnungen". Die Technologie sei aber schon mehr als 20 Jahre alt.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat begrüßt die Einführung von Alkohol-Wegfahrsperren, weist aber darauf hin, dass es in Deutschland bislang kein Modellprojekt gebe. Außerdem müsse man genau prüfen, wann die Alkohol-Interlocks eingesetzt werden, sagt Referatsleiterin Jacqueline Lacroix.

"Wir befürworten es, wenn Unternehmen die Alkohl-Wegfahrsperren präventiv in Schulbussen, Taxen und Transportern einsetzen", sagt Lacroix. Darüber hinaus könnten die Geräte auch Autofahrern langfristige Fahrverbote ersparen helfen, die schon einmal wegen Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden sind.

So können Wegfahrsperren als Auflage eingesetzt werden, wenn ein Fahrverbot ausgesprochen wurde. Baut sich ein Fahrer ein solches System in seinen Wagen ein, könne man das Fahrverbot verkürzen, sagt die Expertin. Wichtig ist dem Deutschen Verkehrsrat, dass solche Autofahrer dann auch zeitweise Alkohol-Interlock-Programme mitmachen. Dabei würden sie Kurse mit anderen Betroffenen besuchen, in denen die Geräte auch ausgewertet und die Werte überprüft werden. "Das ist ein Vorteil für Autofahrer, die beruflich auf ihr Auto angewiesen sind und durch ein Fahrverbot vielleicht ihren Job verlieren würden."

Eine weitere Möglichkeit zum Einsatz sieht Lacroix darin, die Alkohol-Interlock-Systeme zur zusätzlichen Auflage für eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) zu machen. Wer seinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer verloren hat, muss seine Eignung erneut nachweisen. Das passiert mit einer MPU. Alkoholsünder könnten dann zusätzlich zu einer Teilnahme an einem Alkohol-Interlock-Programm verpflichtet werden. Dem ADAC ist es wichtig, dass eine Alkohol-Wegfahrsperre eine MPU nicht ersetzen darf, sagte eine Sprecherin.

Wie genau sich der Gesetzgeber den Einsatz der Systeme vorstellt, hat das Bundesverkehrsministerium noch nicht näher beschrieben. "Wir bereiten gerade den Entwurf für die Einführung von Alkohol-Interlocks vor", heißt es dazu aus der Behörde.

(heif)
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