Bundesverfassungsgericht Wie das NPD-Verfahren weitergeht

Karlsruhe · Nach drei Verhandlungstagen ist das NPD-Verbotsverfahren noch lange nicht beendet. Die Richter könnten noch Redebedarf haben und neue Termine festlegen. Wie das Bundesverfassungsgericht über das Verbot entscheidet und was danach passiert.

Zweiter Anlauf zum NPD-Verbot – eine Chronologie
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Zweiter Anlauf zum NPD-Verbot – eine Chronologie

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Foto: dpa, pg pil

Nach drei Tagen intensiver Verhandlung über das NPD-Verbot zieht sich das Bundesverfassungsgericht nun erst einmal in aller Ruhe zurück. Die acht Richter des Zweiten Senats werden darüner beraten, was sie von all den Vorträgen von Politikern, Verfassungsschützern, Anwälten, Politikwissenschaftlern und Rechtsprofessoren halten. Wie sie nun bewerten, ab wann eine Partei verfassungswidrig ist — und ob die NPD eine solche Partei ist und verboten werden muss. Das alles wird einige Zeit in Anspruch nehmen, die Mühlen des Bundesverfassungsgerichts mahlen langsam. Vor dem Sommer ist mit einer Entscheidung nicht zu rechnen.

Mündliche Verhandlungen sind praktischer

Zunächst könnte sogar passieren, dass das Gericht weitere Verhandlungstage ansetzt. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hat der NPD sechs Wochen zugestanden, weitere Argumente gegen den Verbotsantrag vorzubringen. Die Partei hatte behauptet, sich inhaltlich nicht vorbereitet haben zu können, weil sie vom Geheimdienst überwacht werde. Über Nacht hat sie dann urplötzlich einen Aktenordner voller Argumente vorgelegt. Dennoch ist nicht ausgeschlossen, dass der Senat noch weitere Nachfragen hat. Die kann er zwar auch schriftlich stellen, aber erneute mündliche Verhandlungstermine sind da praktischer. Wenn auch deutlich aufwendiger.

Das Gericht muss mit Zweidrittelmehrheit über die Verfassungswidrigkeit der NPD entscheiden. Zum 30. April aber scheidet Richter Herbert Landau aus dem Senat aus, er darf dann nicht mehr an der Entscheidung mitwirken, ein anderer darf auch nicht nachrücken. Das würde bedeuten, dass sechs von dann nur noch sieben Richtern für ein Verbot stimmen müssten, wenn sich das Verfahren über diesen Zeitpunkt hinaus in die Länge zieht.

NPD droht mit Europäischem Gerichtshof

Für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht tatsächlich ein Verbot ausspricht, hat die NPD angekündigt, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. Dort, so hoffen die Nationalisten, könnte ein Verbot wieder gekippt werden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Karlsruher Richter den Kollegen in Straßburg eine offene Angriffsfläche bieten und ihre Entscheidung kippen lassen.

Bleibt das Verbot bestehen, würden die NPD, die Jungen Nationaldemokraten, der Ring Nationaler Frauen und die Kommunalpolitische Vereinigung aufgelöst. Die Parteimitglieder dürften keine Ersatzorganisationen schaffen und das Vermögen der Partei würde zu gemeinnützigen Zwecken eingezogen. Sollte die Partei trotz des Verbots ihre Geschäfte fortführen, sieht das Strafgesetzbuch sogar Freiheitsstrafen vor. Die polizeiliche Durchsetzung von Verfassungsrecht wie hier wäre ein seltener Ausnahmefall.

Wohl der letzte Versuch

Entscheidet sich das Verfassungsgericht gegen ein Verbot, wird es voraussichtlich auf Jahre der letzte Versuch gewesen sein, eine Partei zu verbieten. Der Bundesrat hätte zwar inhaltlich vor Gericht verloren, eine Blamage wie 2003, als das Verfahren wegen V-Leuten im NPD-Vorstand scheiterte, wäre das aber nicht. Die NPD würde versuchen, die Entscheidung des Gerichts als Siegel der "Verfassungskonformität", als Freibrief für ihr Handeln, zu interpretieren. Die Partei hat noch knapp 5000 Mitglieder und 0,5 Prozent aller Kommunalmandate in Deutschland — Tendenz sinkend.

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