Youtube-Stars interviewen Martin Schulz "Ich habe mal Waschpulver ins Freibad gekippt"

Berlin · Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat sich den Fragen von vier Youtube-Stars gestellt. Die wichtigsten Themen des Gesprächs waren Integration, Bildung und Digitalisierung.

Martin Schulz geriet bei einem Interview mit vier Youtube-Stars am Dienstagmittag ordentlich aufs Glatteis. Bei der Frage nach dem größten Mist, den er als Jugendlicher gebaut habe, schlitterte der SPD-Kanzlerkandidat einige Sekunden merklich durch seine Erinnerungen, blickte nervös zu seinem Pressesprecher hinter den Kameras und sagte dann zunächst: Den größten Mist könne er nicht öffentlich machen.

Aber wohl zum Entsetzen seines Sprechers plauderte Schulz den "zweitgrößten Mist" dann doch aus: "Ich habe mal so mitten in einer durchzechten Nacht (...) ein Paket Waschpulver ins Freibad geschüttet." Er sei über den Zaun geklettert, um zum Wasserbecken zu gelangen. Dann sei auch noch die Polizei gekommen. Gefasst wurde Schulz aber nicht. "Ich war schnell genug."

Da war er also, der Youtube-Moment des Martin Schulz. Wochen zuvor hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Fragen aus der jungen Community gestellt — und ebenfalls ihren Youtube-Moment erlebt: Was denn ihr Lieblings-Emoji sei, wurde sie gefragt? Merkel verzog das Gesicht zu einem gekünstelten Lächeln und sagte dann "Smiley und wenn's gut kommt noch ein kleines Herzchen dran".

Im Gespräch mit den Youtubern "MrWissen2go", "ItsColeslaw", "Nihan" und "MarcelScorpion", die zusammen auf knapp drei Millionen Abonnenten auf der Video-Plattform kommen, gab sich Schulz nahbar, sprach in betont einfachen Sätzen, vermied Fremdworte oder politische Fachbegriffe. Punkten bei den Jüngsten, das war die Aufgabe. Zu Fragen wie nach der Legalisierung von Cannabis sagte er dann, er wolle eine Abstimmung darüber im Bundestag freigeben, ähnlich wie bei der Ehe für Alle. Zuvor vermied er eine eigene Positionierung mit Verweis auf seine Alkoholsucht in Jugendjahren, bei Rauschmitteln halte er sich raus, sagte er.

Dominierend in dem etwa einstündigen Gespräch, dem live aber nur bis zu 15.000 Zuschauer folgten, waren die Themen Integration und der Umgang mit der Türkei, Bildung und Digitalisierung. Schulz sammelte Punkte, als es um seine Haltung zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ging. Der verstehe nur Klartext und er selbst sei auch ein Freund von Klartext. "Das passt dann ja", stellte Interviewerin "Nihan" fest.

Ansonsten verfolgte Schulz aber scheinbar die Strategie, möglichst viel fördern zu wollen: Sprachkurse für mehr Integration von Flüchtlingen und anderen Migranten, zwölf Milliarden Euro für die Schulausstattung, mehr Glasfaserleitungen in Deutschland, Tierschutz und sogar E-Sport und günstigere Handy-Tarife. Schulz nahm während der Sendung nach eigenem Bekunden "Feeling" zum Lebensgefühl der Jüngeren auf.

Den eingeblendeten Twitter-Kommentaren zufolge kam er dabei gut an. Und das, obwohl die Youtuber teils eklatante Lücken ließen. Etwa bei der Frage nach dem Breitbandausbau, als "MarcelScorpion" nicht nachhakte, wie viel Schulz denn investieren wolle und woher das Geld stammen soll. Aber auch Schulz vergaß einige für die SPD wichtige Punkte. Kein Wort von ihm, dass die SPD die Bildung kostenfrei gestalten will, inklusive einer Abschaffung des Schulgeldes für Ausbildungen.

Und noch etwas hatte Schulz vergessen: Die junge Community zu warnen, so etwas wie mit dem Waschpulver im Freibad nicht nachzumachen. Diese Warnung holte er kurz darauf bei Twitter nach.

(jd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort