Hintergrund Schwarz-Rote Knackpunkte
Die Union braucht einen Juniorpartner, wenn sie in den nächsten vier Jahren regieren will. Die Auswahl ist überschaubar, die Übereinstimmung in zentralen Frage auch. Das Ringen um Kompromisse dürfte zäh werden. Ein Überblick von Michael Bröcker.
65 Prozent der Deutschen wollen sie. In der SPD will sie offiziell niemand: die große Koalition. Am Ende langwieriger Verhandlungen dürfte die Neuauflage der schwarz-roten Koalition von 2005 die wahrscheinlichste Koalition sein. Inhaltlich gibt es zwischen Union und SPD Gemeinsamkeiten, aber auch Differenzen.
Betreuungsgeld Die SPD lehnt eine Fortführung der umstrittenen Leistung für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause betreuen, rundweg ab. Die CSU hat sich bereits festgelegt. Das Betreuungsgeld, das zum 1. August dieses Jahres eingeführt wurde, bleibe unangetastet. CDU-Chefin Angela Merkel würde die umstrittene Förderung wohl aufgeben, doch CSU-Chef Horst Seehofer bleibt hart.
Prognose: Kompromiss schwierig.
Steuerpolitik I Im Wahlkampf 2005 hatte die Union versprochen, die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte zu erhöhen. Die SPD lehnte dies ab. Am Ende einigten sich beide auf ein Plus von drei Prozent. Ähnlich pragmatisch dürfte man sich auch dieses Mal einigen: Die SPD verzichtet auf die Einführung einer Vermögensteuer, deren Ausgestaltung ohnehin verfassungsmäßig schwierig ist. Dafür stimmt die Union einer moderaten Erhöhung des Spitzensteuersatzes zu.
Steuerpolitik II Derzeit werden 45 Prozent ab einem Jahreseinkommen von gut 250 000 Euro fällig ("Reichensteuer"), ab 53 000 Euro liegt der Steuersatz bei 42 Prozent. Die SPD will den Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab einem zu versteuernden Einkommen von 100 000 Euro anheben.
Vorstellbarer Kompromiss: Zwischen den bisherigen Stufen 42 und 45 Prozent wird eine weitere Stufe eingeführt, so dass die Steuereinnahmen leicht steigen.
Familienpolitik Die SPD setzt auf Sachleistungen und auf einen massiven Ausbau der Kita-Betreuung in Deutschland. Flächendeckend sollen Ganztagsschulen entstehen. Die Union will vor allem die finanziellen Leistungen, etwa durch eine Ausweitung des Ehegattensplittings zu einem Familiensplitting.
Kompromiss: von beidem ein bisschen.
Mindestlohn Die SPD will einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro, der von einer durch das Arbeitsministerium eingesetzten Kommission bestimmt werden soll. Die Union will branchenspezifische Mindestlöhne und eine Kommission aus Gewerkschaftern und Arbeitgebern.
Möglicher Kompromiss: acht Euro Lohnuntergrenze, die Kommission wird mit externen Fachleuten besetzt.
Pkw-Maut Das Lieblingsprojekt der CSU. Horst Seehofer will ausländische Autofahrer abkassieren. Eine Pkw-Maut lehnen aber sowohl die CDU als auch die SPD ab.
Kompromiss: Eine Vignettenpflicht für alle Autofahrer (maximal 100 Euro pro Jahr), aber die deutschen Kfz-Halter bekommen eine Rückerstattung über die Kfz-Steuer.