AfD im Bundestag Randfiguren im Parlament

Berlin · Mit 94 Sitzen ist die AfD nun drittstärkste Kraft im Bundestag. Aber wer sind eigentlich die Gewählten? Und wer ihre Wähler?

Die Bundestagsabgeordneten der AfD - eine Auswahl der Fraktion 2017
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Die Bundestagsabgeordneten der AfD - eine Auswahl

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Foto: dpa, msc dna

Von 4,7 Prozent bei der Bundestagswahl 2013 auf knapp 13 Prozent konnte die AfD ihr Ergebnis fast verdreifachen. Nach Erkenntnissen von Infratest Dimap und der Forschungsgruppe Wahlen ist der AfD-Wähler vor allem: männlich und aus Ostdeutschland. 26 Prozent aller Männer in den neuen Bundesländern wählten die AfD, nur 17 Prozent der Frauen. Im Westen waren es dagegen 13 Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen. Wie die Analyse weiter zeigt, bekam die AfD den insgesamt höchsten Stimmenanteil mit 22 Prozent bei den Arbeitslosen, dicht gefolgt von den Arbeitern mit 21 Prozent. Bei den Angestellten wählten 13 Prozent AfD, bei Selbstständigen zwölf Prozent. Elf Prozent der Rentner, und zehn Prozent der Beamten sind AfD-Wähler.

Den Forschern zufolge ist die Partei ein Sammelbecken unterschiedlichster Gruppen: EU-Skeptiker zählten genauso dazu wie Rechtsradikale. In der nächsten Zeit werde sich zeigen, wie sich die Partei in den parlamentarischen Betrieb einfüge. Ins Parlament ziehen nun aber erst einmal einige umstrittene Köpfe. Eine Auswahl:

Der gute Freund von Björn Höcke und Spitzenkandidat der AfD Thüringen sieht in seinen Reden selten von Provokationen ab. Mitte September sagte der Jurist über Gegendemonstranten: "Man liest und hört ja, dass eure Eltern Geschwister waren. Und wenn ich mir das eine oder andere Gesicht anschaue, habe ich den Eindruck, als seien die Haustiere auch nicht weit gewesen." In derselben Rede bezeichnete er Linke, Grüne und FDP als Sekte, die CDU und die SPD als eine "Schande für Deutschland". Angela Merkel (der "Fuchtel aus dem Kanzleramt") warf er Beihilfe zu Sexualdelikten, Körperverletzungen und Morden vor - weil sie die Flüchtlinge ins Land gelassen hatte. Er fordert einen quadratmetergroßen dunkelroten Haftbefehl für Merkel.

Der Sachbuchautor und Ökonom macht einen seriösen Eindruck. Doch Boehringer, Listenplatz zwei in Bayern, formuliert auf seiner Website, wie man es sonst nur von Verschwörungstheoretikern kennt. So scheut er sich nicht, von NWO zu sprechen. Das steht für New World Order und meint unter Verschwörungstheoretikern eine geheime, weltweite Elitenregierung. Die anderen Parteien sind für ihn eine "einheitssozialistische Blockpartei von Schwarz bis Grün und Dunkelrot, die internationalistische, planwirtschaftliche, ökosozialistische und fast ununterscheidbare Unterprogramme (von CDU bis Grüne) aufweist". Er schreibt: "Die Faschisten und Rechtsbeuger und Rechtsbrecher sitzen erkennbar im heutigen Bundestag." Journalisten bezeichnete er als "supranationalistische Auftragsschreiber".

Frohnmaier, Listenplatz vier in Baden-Württemberg, ist Vorsitzender des Jugendverbands Junge Alternative, und wie es sich für einen Jugendverband gehört, ist der immer noch eine Spur provokanter als die eigentliche Partei. 2016 warf er der Grünen-Politikerin Claudia Roth vor, in der Kölner Silvesternacht "mittelbar mitvergewaltigt" zu haben, "nicht im juristischen Sinne, aber im übertragenen Sinne" - weil diese für eine multikulturelle Gesellschaft sei. Eine ähnliche Formulierung wählte er später für Angela Merkel: "Leute wie Merkel haben in Reutlingen mittelbar mitgestochen, nicht im juristischen Sinne, aber im übertragenen". Ein Foto, das AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel beim vorzeitigen Verlassen einer Fernsehsendung mit Marietta Slomka zeigt, versah er mit einer Drohung gegen die Moderatorin: "Am 24.09. mache ich dich arbeitslos - Mäuschen."

Die Nummer zwei auf der sächsischen Landesliste hinter Frauke Petry ist Richter am Landgericht. Maier war Höckes Vorredner bei dessen "Denkmal der Schande"-Rede, forderte dort das Ende des deutschen "Schuldkults" und warnte vor "Mischvölkern". Das Online-Magazin "Bento" entdeckte kürzlich ein Facebook-Posting von ihm, in dem er "Gutmenschen, die sich als Islamverharmloser und Allesversteher betätigen", kritisiert. "Die sich selbst noch dann als Flüchtlingshelfer engagieren, nachdem die eigene Tochter vergewaltigt wurde." Er behauptet außerdem, in islamisch geprägten Kulturen besäßen Frauen keine Rechte.

Er hat als einziger der künftigen Abgeordneten bereits Erfahrung im Bundestag. Von 1998 bis 2003 saß der langjährige hessische CDU-Politiker für die Union im Parlament. Seine Karriere endete 2003 jedoch jäh. Wegen einer als antisemitisch kritisierten Rede wurde er erst aus der Unionsfraktion und dann auch aus der CDU ausgeschlossen. Im März 2016 trat er in die AfD ein. Hohmann selbst sieht sich nicht als Rechtsaußen oder Rechtspopulist. Ihm gefällt die Zuschreibung "patriotischer Konservativer".

Der 57-jährige Physiker machte im Februar 2017 auf sich aufmerksam. Die AfD-Fraktion Berlin hatte einen Antrag eingebracht, weil die ZDF-Nachrichtensendung "Heute" eine Europa-Karte ohne deutsche Grenzen zeigte. Das wollte die Partei ändern. Als die anderen Fraktionen klarmachten, wie wenig sie von dem Antrag hielten, warf Curio, Landeslistenplatz zwei, ihnen ein "Lächerlichmachen der nationalen Identität Deutschlands vor". Kurze Zeit später sagte er: "Sie sind keine Vertreter des gewählten deutschen Volkes." Danach nannte er sie "inländerfeindliche Fraktionen". Dass der Islam nicht zur freien deutschen Gesellschaft passe, begründete er mit einem Facebook-Posting: Eine Frau in Saudi-Arabien war festgenommen worden, weil sie einen Rock trug.

Renner ist Gründungsmitglied der AfD und Spitzenkandidat des NRW-Landesverbandes. Er wird dem äußersten rechten Flügel der Partei zugerechnet. Der 63-Jährige ist ein scharfer Widersacher des NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, der mit Parteichefin Frauke Petry verheiratet ist. Renner hatte der CDU aus Frust über die Griechenland-Politik der EU den Rücken gekehrt. Der Islam ist für ihn eine "Unterwerfungsideologie". Die AfD sollte für ihn "systemgenetisch eine rechte Partei sein".

Der langjährige ARD-Journalist und Filmautor (60) ist Spitzenkandidat der AfD Niedersachsen. 2015 schlug er vor, dass Deutschland alle irakischen und syrischen Männer zwischen 18 und 45 ausbilden und gegen den Islamischen Staat in den Krieg schicken solle. Sie sollten also in den Krieg zurückkehren, vor dem sie geflohen waren. Außerdem schlug Hampel vor, mit Marineschiffen vor der nordafrikanischen Küste Flüchtlingsboote zur Rückkehr zu zwingen.

(RP)
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