Neue Regeln für Geheimdienste Bundestag beschließt BND-Reform - darum geht es genau

Berlin · Als Konsequenz aus dem Spionage-Skandal werden der Bundesnachrichtendienst (BND) und die anderen Geheimdienste in Deutschland künftig stärker kontrolliert. Der Opposition, Netzaktivisten und Datenschützern geht das nicht weit genug.

Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition verabschiedete der Bundestag zwei entsprechende Gesetzentwürfe. Linke und Grüne kritisierten die Reformpläne und lehnten sie ab. Auch Datenschützer und Netzaktivisten bemängeln, mit den Plänen würden breit angelegte Spitzelaktionen erst legitimiert. Der BND war im Zusammenhang mit der weltweiten Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA und umstrittenen eigenen Abhöraktionen gegen befreundete Staaten in die Kritik geraten.

Kernpunkte der beiden neuen Gesetze:

  • Unabhängige Kontrolle: Mit dem neuen externen Richter-Gremium reagiert die große Koalition auf Vorwürfe, der BND habe ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt. Das dreiköpfige "Unabhängige Gremium" besteht aus zwei Richtern und einem Bundesanwalt am Bundesgerichtshof. Es soll vom Kanzleramt über brisante Aktionen des deutschen Auslandsgeheimdienstes informiert werden und etwa auch seine Zustimmung zu möglicher Spionage gegen Einrichtungen der EU oder ihrer Mitgliedsstaaten geben müssen. Die Kontrolleure sollen stichprobenartig die vom BND eingesetzten Spionage-Suchbegriffe (Selektoren) jederzeit überprüfen können. In der Affäre war kritisiert worden, dass der BND zum Teil unzulässige Begriffe etwa gegen befreundete Staaten verwendet hat.
  • Abhöraktionen: Ausdrücklich erlaubt wird Spionage gegen EU-Institutionen oder -Mitgliedstaaten, etwa wenn es um Gefahren für die innere und äußere Sicherheit, die Handlungsfähigkeit Deutschlands oder "Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung" geht. Kritiker bemängeln dies als zu schwammig.
  • Verantwortung: Anders als bisher muss das Kanzleramt auf Antrag des BND-Präsidenten oder eines Vertreters die Spionage in internationalen Telekommunikationsnetzen künftig anordnen. Damit sollen klare Verantwortlichkeiten sichergestellt werden. Früher waren auch heikle Überwachungsmaßnahmen von niedriger BND-Ebene genehmigt worden.
  • Wirtschaftsspionage: Ausdrücklich festgeschrieben wird, was schon gilt: Spionage mit dem Ziel von Wettbewerbsvorteilen für deutsche Unternehmen ist verboten. Es heißt aber auch, die Aufklärung von wirtschaftspolitisch bedeutsamen Vorgängen könne erforderlich sein.
  • Zusammenarbeit: Die Kooperation mit internationalen Partnerdiensten wie dem umstrittenen US-Geheimdienst NSA wird unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Ziele müssen demnach etwa der Anti-Terror-Kampf, die Unterstützung der Bundeswehr im Auslandseinsatz oder Informationen zur Sicherheitslage von Deutschen im Ausland sein.
  • Städiger Bevollmächtigter: Weil den Bundestagsabgeordneten im geheim tagenden Parlamentarische Kontrollgremium oft Zeit für eine tiefere Kontrolle fehlt, wird das Amt eines hauptamtlich arbeitenden "Ständigen Bevollmächtigten" geschaffen. Er wird von dem Gremium eingesetzt, soll "kontinuierliche und strukturierte Untersuchungen" anstellen und die Arbeit der verschiedenen Kontrollgremien koordinieren. Die Spitze der Unionsfraktion hat sich darauf geeinigt, dass ein Experte des Innenministeriums die Aufgabe übernimmt. Der Jurist Arne Schlatmann führt dort bisher die Unterabteilung Rechts- und Grundsatzangelegenheiten der öffentlichen Sicherheit.
  • Whistleblower: Der Schutz für Mitarbeiter der Geheimdienste, die über Missstände informieren, soll verbessert werden.
  • Öffentlichkeit: Jährlich soll es öffentliche Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienstes des Bundes durch das Kontrollgremium geben - bisher waren die Sitzungen streng geheim.
  • Informationen: Wenn die Fraktionschefs es wünschen, dürfen Mitglieder des Kontrollgremiums sie künftig informieren - bislang waren die Kontrolleure zum Schweigen verdonnert.
(crwo/dpa)
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