Dienstjahre statt Alter Bundestag ändert Regelung zum Alterspräsidenten

Berlin · Um den Alterspräsidenten des Bundestags zu bestimmen, werden künftig neue Kriterien angewandt. Offiziell stellen die Parteien dadurch sicher, dass die konstituierende Sitzung vom erfahrensten Abgeordneten geleitet wird. De facto verhindern sie damit auch einen AfD-Politiker in dieser Position.

 Nach der Neuregelung gilt Wolfgang Schäuble als Favorit auf das Amt des Alterspräsidenten (Archiv).

Nach der Neuregelung gilt Wolfgang Schäuble als Favorit auf das Amt des Alterspräsidenten (Archiv).

Foto: dpa, cdt kde hjb

Der Bundestag hat die Neuregelung für seinen Alterspräsidenten beschlossen. Die von den Abgeordneten in der Nacht zum Freitag angenommene Neufassung der Geschäftsordnung sieht vor, dass die erste Sitzung nach der Wahl künftig nicht mehr vom ältesten Abgeordneten eröffnet werden soll, sondern von jenem, der dem Bundestag am längsten angehört.

AfD-Politiker waren aussichtsreiche Kandidaten

Die AfD dürfte derzeitigen Umfragen zufolge im September erstmals den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Nach den bisherigen Regeln für die Alterspräsidentschaft wären zwei Politiker der Partei die aussichtsreichsten Kandidaten gewesen: Wilhelm von Gottberg, der auf Platz vier der Kandidatenliste der niedersächsischen AfD steht und 77 Jahre alt ist, sowie der 76-jährige Alexander Gauland, der die Liste der Partei in Brandenburg anführt.

Nach der neuen Regelung gilt Wolfgang Schäuble (CDU) als Favorit. Der Bundesfinanzminister wird kurz vor der Wahl zwar erst 75 Jahre alt, gehört dem Bundestag aber schon seit 1972 an.

Steinbach spricht von "Zeichen der Schwäche"

Zur Begründung der Neuregelung hieß es, die derzeitige Rechtslage könne nicht die für die konstituierende Sitzung nötige Parlamentserfahrung gewährleisten. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein neu gewählter Abgeordneter ohne jegliche Erfahrungen die konstituierende Sitzung des neu gewählten Bundestages als Lebensältester leiten müsse.

Die Linke enthielt sich bei der Abstimmung. Die Grünen wandten sich ausdrücklich gegen die Reform. Deren Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann erklärte, sie stehe nicht für Legendenbildungen und Märtyrerrollen zur Verfügung — auch wenn sie die Eröffnungsrede eines Rechtspopulisten als Zumutung empfinden würde. Erika Steinbach, die seit ihrem Austritt aus der CDU als fraktionslose Abgeordnete im Bundestag sitzt, bezeichnete die Reform als "Zeichen der Schwäche und des Kleingeistes". Es beschädige das Vertrauen in die wehrhafte Demokratie, wenn der Bundestag ein breites Meinungsspektrum nicht aushalten könne.

(dpa)
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