GSG 9 und BFE+ Video zeigt deutsche Spezialkräfte im Kampf gegen Schleuser
Potsdam · Sie schmuggelten Flüchtlinge in führerlosen Frachtern, riskierten Tausende Leben. Nun ist deutschen und türkischen Einsatzkräften ein großer Schlag gegen diesen Schleuserring gelungen. Auch in Köln ist ein Mann festgenommen worden. Das Video zeigt den Einsatz der Spezialkräfte der Polizei GSG 9 und BFE+.
Die Geisterschiff-Methode ist besonders perfide: Immer wieder hat eine syrische Schleuserbande Flüchtlinge in die Frachträume schrottreifer Schiffe gepfercht, den Autopiloten in Richtung italienischer Küste eingestellt und das Schiff samt der Flüchtlinge dann sich selbst überlassen. Ende 2014 sollen die Schleuser auf diese Weise insgesamt 1766 Menschen in drei Schiffen losgeschickt haben. Die italienische Küstenwache hatte sie bei hohem Seegang und mit lebensgefährlichen Rettungsmanövern aufgegriffen.
Deutsche und türkische Einsatzkräfte haben nun nach einjährigen Ermittlungen ein koordinierter Schlag gegen diesen Schleuserring durchgeführt. In sechs Bundesländern und vier türkischen Städten erfolgte gestern zeitgleich der Zugriff, insgesamt konnten 15 Personen festgenommen werden - zehn in der Türkei, darunter ein Drahtzieher der Gruppe, und fünf in Deutschland.
Nach Angaben der Bundespolizei waren bei der Aktion knapp 500 Polizeibeamte im Einsatz, unterstützt durch Spezialkräfte der Elite-Einheit GSG 9 und dem erst kürzlich von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgestellten Anti-Terror-Verband der Polizei, BFE+. 16 Wohnungen und ein Büro wurden in Berlin, Brandenburg, Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen durchsucht. Auch in Nordrhein-Westfalen, genauer in Köln, schlugen die Fahnder in einer Wohnung zu. Ein Mann wurde dort in den frühen Morgenstunden festgenommen. Die Polizei sicherte Bargeld, Mobiltelefone, Computer und Auftragsbücher.
Den Schleusern wird nun in Ermittlungsverfahren der koordinierenden Staatsanwaltschaft in Dresden vorgeworfen, gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern betrieben zu haben. Ihnen droht dafür nach deutschem Recht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben fast alle festgenommenen Personen einen syrischen Pass; die meisten von ihnen hätten bereits vor Monaten in Deutschland Asyl beantragt.
Dass ihnen die Schleusertätigkeit beträchtliche Summen eingebracht haben muss, rechnet der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, vor: Jeder Flüchtling habe zwischen 4500 und 6000 US-Dollar für die lebensgefährliche Überfahrt zahlen müssen, die Schleuser hätten also mehr als neun Millionen Dollar (8,3 Millionen Euro) Bruttoerlös mit ihren Methoden erzielt. Es gehe nicht um "altruistische Fluchthilfe", sondern nur ums Kassemachen, betonte Romann. Wer die Geisterschiff-Methode anwende, nehme im Falle der Havarie eines Schiffes den Tod der Menschen billigend in Kauf, sagte der Präsident der Bundespolizei. Er zeigte sich dankbar für die Zusammenarbeit mit der türkischen Polizei. Ein solcher Erfolg sei nur international möglich.
Die Ermittlungen nahmen an Heiligabend 2014 ihren Lauf, als Bundespolizisten in Sachsen, nahe der tschechischen Grenze, syrische Flüchtlinge aufgriffen. Schnell konnten sie die Menschen dem nur Tage zuvor in Italien gestoppten Geisterschiff-Frachter "Merkur I" zuordnen. In der Folge der einjährigen Arbeit einer Sonderkommission mit dem Namen "Wave" wurden 250 syrische Flüchtlinge zu den Machenschaften der Schleuser befragt, teilte die Bundespolizei gestern bei der Pressekonferenz mit. Das Verfahren sei, gemessen an der üblichen Dauer von 18 Monaten in Fällen organisierter Kriminalität, sogar recht zügig abgeschlossen worden.
Auf türkischer Seite schlugen die Fahnder schließlich in den Städten Istanbul, Izmir, Hatay und der Hafenstadt Mersin im Süden zu. Dort sei einer der Köpfe der Gruppe festgenommen worden, sagte der Leiter der türkischen Generaldirektion, Mehmet Lekesiz. Insgesamt habe man bereits 17 Geisterschiffe aus dem Verkehr gezogen. Was Romann als Chef der Bundespolizei nicht explizit unterstützte: Lekesiz sagte, dass diese Methode nun nicht mehr angewandt werde. Zudem erklärte er, dass auch die Extremistenmiliz IS und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK in Schleuseraktivitäten verstrickt seien.