Verdacht auf Kriegsverbrechen in Kundus Bundesanwalt ermittelt gegen Oberst Klein

Karlsruhe (RPO). Die Bundesanwaltschaft ermittelt im Fall des Luftangriffs von Kundus gegen den Bundeswehr-Oberst Georg Klein wegen des Verdachts auf ein Kriegsverbrechen. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Frank Wallenta, sagte am Freitag auf ddp-Anfrage in Karlsruhe, es sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Völkerstrafgesetzbuch eingeleitet worden.

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Foto: ddp

Wallenta bestätigte insoweit einen Bericht der "Stuttgarter Zeitung". Nach Angaben der Zeitung richten sich die Ermittlungen auch gegen Kleins Flugleitoffizier. Klein hatte als Kommandeur am 4. September vergangenen Jahres den Luftschlag von Kundus befohlen, bei dem bis zu 142 Menschen ums Leben kamen.

Wallenta sagte, die bisherigen Informationsmöglichkeiten der Bundesanwaltschaft über das "tatsächliche Geschehen" vom 4. September 2009 seien "ausgeschöpft". Nur ein Ermittlungsverfahren biete "die Möglichkeit, Zeugenvernehmungen durchzuführen sowie den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren". Laut "Stuttgarter Zeitung" sollen Klein und sein Flugleitoffizier als Beschuldigte zur Vernehmung in der kommenden Woche vorgeladen werden.

Vorladungen nächste Woche

Die Bundesanwaltschaft sieht in den Auseinandersetzungen zwischen den aufständischen Taliban und der afghanischen Regierung sowie der internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan einen "nichtinternationalen bewaffneten Konflikt" im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches. Für die Ermittlungen im vorliegenden Fall ist der Paragraf 11, Absatz 1, Nummer 3 des Völkerstrafgesetzbuches relevant, in dem es um "Kriegsverbrechen" durch "Einsatz verbotener Methoden der Kriegsführung" geht.

In der Bestimmung heißt es: "Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft."

Kujat rechnet nicht mit Anklage

Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat rechnet trotz der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Oberst Georg Klein nicht mit einer Anklage. "Dass ein Verfahren eingeleitet werden muss, ist zwangsläufig", sagte Kujat der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstagausgabe).

"Aber ich bin sehr optimistisch, dass Oberst Klein aus dieser Geschichte einigermaßen sauber herauskommt. Ich rechne nicht mit einer Anklage, und ich hoffe auch nicht, dass es eine gibt. Wenn doch, hoffe ich auf einen Freispruch", sagte Kujat. Die Anwendung des Kriegsvölkerrechts sei für Klein anders als die Anwendung deutschen Strafrechts "immer von Vorteil", betonte der frühere Vorsitzende des NATO-Militärausschusses.

(DDP/felt)
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