Asyldebatte Bund und Länder organisieren Flüchtlingsverteilung neu

Berlin · Bund und Länder haben sich in der Frage der Neuorganisation der Flüchtlingsverteilung angenähert. Geplant sind unter anderem Erstaufnahmeeinrichtungen für bis zu 40 000 Asylsuchende und Verteilzentren in Berlin und Niedersachsen. Der Städte- und Gemeindebund begrüßt diese Entwicklung.

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Bei den Finanzen gibt es noch große Fragezeichen, aber bei der Verteilung von Flüchtlingen sind sich Bund und Länder näher gekommen. Mehrere Ministerpräsidenten begrüßten am Mittwoch das Angebot der Bundesregierung, Erstaufnahmeeinrichtungen für 40.000 Asylsuchende zu schaffen. Geplant sind zudem Verteilzentren für Flüchtlinge, die in Schönefeld nahe Berlin sowie in Fallingbostel in Niedersachsen aufgebaut werden könnten.

"Solche Drehkreuze sind notwendig", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am späten Dienstagabend nach einem Krisentreffen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer im Kanzleramt. "Es geht jetzt darum, wieder einen geordneten und nachverfolgbaren Umgang mit der großen Zahl von Flüchtlingen zu schaffen."

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Foto: afp, ak-iw

Die Bundesländer sagten zu, die Flüchtlinge nach festen Quoten auf die einzelnen Bundesländer zu verteilen. Merkel kündigte ihrerseits an, dass der Bund die Länder bei der Unterbringung der Asylbewerber entlasten will, indem er Erstaufnahmeeinrichtungen mit 40.000 Plätzen schafft. Zudem sollen die Dauer der Asylverfahren verkürzt und abgewiesene Bewerber schneller abgeschoben werden.

"Wir brauchen sowohl die Verteilzentren als auch diese Warteräume", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). "Wenn der Bund jetzt 40.000 Plätze selbst errichtet, dann ist das für uns eine Entlastung", begrüßte auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) im SWR das Angebot, das Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Vorabend unterbreitet hatte.

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Merkel reagierte mit der kurzfristigen Einladung ins Kanzleramt auf die jüngsten Ereignisse: Aufgrund dramatischer Zustände in Ungarn hatte die Bundesregierung zunächst das Signal gegeben, dass die sich dort aufhaltenden Flüchtlinge nach Deutschland kommen dürfen. Als dann Zehntausende über Ungarn und Österreich kamen, machte die Bundesregierung eine Kehrtwende und entschied, die Landesgrenzen wieder zu kontrollieren.

Das Treffen im Kanzleramt war aber nur ein "Zwischenschritt", wie die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstagsausgabe) sagte. "Ich bin noch nicht zufrieden." Die Erwartungen der Länderchefs richten sich auf den 24. September, wenn ein seit längerer Zeit geplanter Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel stattfindet, bei dem es dann um Finanzfragen geht.

Die Länder fordern vom Bund mehr finanzielle Hilfe bei der Unterbringung und Integration der Flüchtlinge. Bislang können sie mit einer Milliarde Euro in diesem und drei Milliarden Euro im kommenden Jahr rechnen. Aus Sicht der Länder und Kommunen ist das angesichts der hohen Asylbewerberzahlen zu wenig.

"Die Länder sind sich einig, dass die zugesagte Hilfe von einer Milliarde nicht ausreicht", sagte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) dem NDR mit Blick auf 2015. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann äußerte im ZDF bezogen auch auf die Zusagen für 2016 die Erwartung, "dass das nicht ausreichen wird".

Der Bund hat noch keine Zusage gemacht, scheint aber für weitere Unterstützung offen. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wollte daher nicht ausschließen, dass die Folgekosten der Flüchtlingskrise das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts für 2016 gefährden könnte. "Es ist im Augenblick viel zu früh, ein Gesamtbild für das kommende Jahr zu malen", sagte er und fügte hinzu: "Es wird am Geld nicht scheitern".

Der Chef des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, hat die Beschlüsse von Bund und Ländern zur neuen Flüchtlingsverteilung begrüßt. "Die Bereitschaft des Bundes, 40.000 solcher Plätze einzurichten, kann eine deutliche Entlastung für Länder und Kommunen bedeuten", sagte Landsberg unserer Redaktion. "Es erhöht die Planungs- und Organisationszeit in den Kommunen, wenn die Flüchtlinge länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und nicht immer kurzfristiger und in höheren Zahlen auf die Kommunen verteilt werden." Das Ganze werde allerdings nur funktionieren, wenn, wie angekündigt, die Asylverfahren deutlich beschleunigt würden, sagte Landsberg.

(AFP)
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