Grüne fordern Vorsorge aus Haushaltsüberschuss Bund stellt sich auf hohe Flüchtlingshilfe ein

Berlin · Auf den Bund kommen dauerhaft Mehrausgaben für die Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge in Höhe von mehreren Milliarden Euro pro Jahr zu. Darauf stellen sich Bundesregierung und führende Haushaltspolitiker der Koalition bereits ein.

Flüchtlinge: In diesen Regionen der EU ist der Andrang besonders groß
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Foto: dpa, kc jak

Der Bund hatte Ländern und Kommunen für das laufende Jahr bereits einen Zuschuss von einer Milliarde Euro für die Flüchtlinge zugesagt. Der dafür nötige Gesetzentwurf wird heute im Kabinett beschlossen. Der Betrag wird jedoch noch deutlich höher ausfallen und vor allem für die kommenden Jahre verstetigt werden müssen. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatte bereits von mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr gesprochen, die der Bund Ländern und Kommunen dauerhaft überweisen müsse.

"Fünf bis sechs Milliarden Euro für Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge pro Jahr sind die unterste Grenze", forderte der Chef des Städtebunds, Gerd Landsberg. "Da sind die Kosten für mehr Sozialwohnungen noch gar nicht enthalten. Alles zusammen könnten bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr nötig sein."

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Die Länder wollen beim Flüchtlingsgipfel am 24. September durchsetzen, dass der Bund den größten Teil aller Kosten für die Flüchtlinge übernimmt. Bisher sind es Länder und vor allem die Kommunen, die das Gros der Kosten schultern. "Es kann nicht sein, dass der Bund eine schwarze Null in seinem Haushalt vor sich herträgt und die Länder und Kommunen die Folgen des Zusammenbruchs von Libyen oder Syrien tragen lässt", sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Die Finanzierung der Folgen internationaler Konflikte "kann nicht Sache von Landes- und Kommunalhaushalten sein. Das ist eine nationale Aufgabe", betonte er.

Die Flüchtlingshilfe soll nach einer Forderung der Grünen teils aus dem zu erwartenden Haushaltsüberschuss des Bundes im laufenden Jahr fließen. "Der Bund wird in 2015 voraussichtlich Überschüsse von fünf Milliarden Euro erwirtschaften. Diese Mittel sollten sowohl zur Finanzierung der Infrastruktur als auch zur Vorsorge der regelmäßig anfallenden Flüchtlingskosten genutzt werden", sagte Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae. Einmalzahlungen an die Länder reichten aber nicht aus. "Die Kommunen müssen dauerhaft und stetig entlastet werden", sagte sie.

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Damit der Bund die Kommunen bei der Flüchtlingshilfe direkt unterstützen kann und die Länder kein dafür vorgesehenes Geld anders verwenden, wird in der Koalition nun eine Grundgesetzänderung erwogen. "Wenn der Bund mehr Geld gibt, muss gleichzeitig durch eine Vereinbarung mit den Ländern sichergestellt werden, dass das zusätzliche Geld für Flüchtlinge komplett bei den Kommunen ankommt", sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg. "Sind die Länder zu einer stringenten Vereinbarung nicht bereit, muss über eine Grundgesetzänderung diskutiert werden, mit dem Ziel, dass dann der Bund direkt Geld für Flüchtlinge an die Kommunen durchreichen kann", sagte er. Nordrhein-Westfalen etwa trage bisher nur 30 Prozent der Flüchtlingsausgaben seiner Kommunen.

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Foto: dpa, rwe lof

Nach der Verfassung sind direkte Zahlungen des Bundes an die Kommunen nur in begrenzten Ausnahmefällen möglich. Die von den Grünen mitregierten Länder seien bereit, einer Grundgesetzänderung zuzustimmen, falls diese nötig werde, sagte Grünen-Politikerin Anja Hajduk. "Eine Verfassungsänderung darf kein Tabu sein", sagte sie.

(mar)
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