Betreuungsgeld Bayern bleibt stur

Berlin · Die Eltern werden noch wochenlang im Unklaren gelassen, während Union und SPD, Bund und Länder um die Mittel ringen. Nordrhein-Westfalen müsste im Vergleich zu Bayern nur wenig Abstriche machen.

 Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schaut während der Plenarsitzung im bayerischen Landtag, auf eine Nachricht, die ihm gereicht wird. Thema ist das Betreuungsgeld.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schaut während der Plenarsitzung im bayerischen Landtag, auf eine Nachricht, die ihm gereicht wird. Thema ist das Betreuungsgeld.

Foto: dpa, kne fdt

"Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Frau Schwesig in den Koalitionsverhandlungen die Regionalisierung der Bundesmittel für das Betreuungsgeld als mögliche Lösung dargestellt hat, und zwar ausdrücklich mit einer Öffnungsklausel, damit die Länder damit nicht nur die Kitas ausbauen, sondern auch den Familien ein Betreuungsgeld zahlen können", erläuterte Bär. Damit liegt für die CSU-Politikerin die Lösung auf der Hand: "Die SPD sollte jetzt den von ihr selbst einmal gewollten Weg zu einem vom Bund finanzierten Länder-Betreuungsgeld freimachen."

Die Verfassungsrichter hatten am Vortag das Betreuungsgeld für nichtig erklärt, weil der Bund für diesen Bereich der Fürsorge keine Kompetenz besitze. Inhaltlich hatte sich das Gericht nicht mit dieser Leistung auseinandergesetzt. Seit 2013 erhalten Eltern zunächst 100, jetzt 150 Euro monatlich, wenn sie ihr Kind zwischen dem 15. und 36. Lebensmonat selbst betreuen, statt eine staatlich geförderte Kita oder Tagespflege in Anspruch zu nehmen. Die SPD nennt das "Herdprämie", die Union "Wahlfreiheit". Die CSU will umgehend als Ersatz ein Landes-Betreuungsgeld einführen, verlangt dafür aber, dass der Bund dafür wie bisher die Kosten trägt.

Schwesig setzt sich zwar auch dafür ein, die eingeplanten Finanzmittel von jährlich mindestens 900 Millionen Euro weiterhin "für Familien" auszugeben, statt sie einfach einzusparen, sie versteht darunter aber vor allem eine Förderung des Kita-Ausbaues. SPD-regierte Länder stehen hinter diesem Konzept, unionsregierte wollen auch das Betreuungsgeld als Option.

"Wenn jemand sein kleines Kind zu Hause betreuen möchte, darf er jetzt nicht enttäuscht werden", sagte auch Sachsens Familienministerin Barbara Klepsch (CDU) unserer Redaktion. Das Geld aus dem Bundeshaushalt müsse deshalb "im Spiel bleiben". Sachsen halte an seinem eigenen Landeserziehungsgeld fest, wolle gleichzeitig aber auch ausreichend und gute Kita-Plätze zur Verfügung stellen. "Mir ist Wahlfreiheit wichtig", betonte Klepsch.

Wollte Schwesig ursprünglich bereits Mitte August Klarheit über die Zukunft des Betreuungsgeldes haben, gab Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz nun "Anfang September" als zeitliches Ziel für einen Einigungsversuch vor. Möglicherweise mit Blick auf die bayerische Urlaubszeit im August. Es bleibe aber bei dem Vorsatz, am 13. August Klarheit über das Ausmaß des Vertrauensschutzes zu bekommen.

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Schwesig will erreichen, dass alle Eltern, die jetzt bereits Betreuungsgeld beziehen, dieses auch bis zum Ende erhalten. Fraglich ist jedoch, was mit den schon gestellten Anträgen geschieht. Das Familienministerium teilte mit, dass seit der Karlsruher Entscheidung die Betreuungsgeldstellen keine weiteren Anträge mehr annehmen.

Bayern dürfte jedenfalls eine beträchtliche Summe aus dem eigenen Haushalt ins Betreuungsgeld investieren müssen, auch wenn weiterhin Bundesmittel fließen. Experten halten es nämlich für zweifelhaft, dass die Bundesmittel für ein Länderbetreuungsgeld wie bisher vom Bund an die Länder fließen können. Sollten die Länder zwischen Betreuungsgeld und Kita-Ausbau wählen können, kommt der für solche Mittelverteilungen gebräuchliche "Königsteiner Schlüssel" in Betracht, der jedes Jahr eine nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft berechnete Aufteilung festlegt.

Das würde bedeuten, dass NRW, das derzeit für die gut 106.000 Betreuungsgeldempfänger rund 191 Millionen Euro vom Bund erhält, auch künftig mit 190 Millionen rechnen könnte. Bayern müsste jedoch starke Abstriche befürchten. Denn den derzeit rund 180 Millionen Euro Bundesmittel für gut 100.000 Betreuungsgeldempfänger stünde künftig nur noch ein Anteil von 139 Millionen an den insgesamt 900 Millionen Euro zu. Dagegen stiegen die Bundesmittel für Rheinland-Pfalz von derzeit 28 auf dann 43 Millionen, für Sachsen von derzeit 19 auf dann 45 Millionen Euro.

(may-)
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