Bundestag beschließt Gesetz Ekelbilder ab Mai auf Zigarettenpackungen

Berlin · Ein neues Gesetz zwingt Tabakfirmen dazu, Ekelfotos auf Zigarettenpackungen drucken zu müssen. Die Wirkung der Bilder ist umstritten. Auch Aromen in Zigaretten werden weitgehend verboten, für E-Zigaretten gelten ebenfalls neue Regeln.

Neue Schock-Fotos sollen Raucher abgewöhnen
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Neue Schock-Fotos sollen Raucher abgewöhnen

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Foto: afp, WILLIAM WEST

Bilder von verfaulten Zähnen, kranken Lungen und Krebsgeschwüren — daran müssen sich künftig Verbraucher im Supermarkt oder am Kiosk einstellen. Der Bundestag hat beschlossen, Raucher mit Schockfotos und größeren Warnhinweisen auf Zigarettenschachteln abzuschrecken. Das neue Gesetz soll Mitte Mai in Kraft treten. Zwei Drittel der Verpackungen müssen dann auf Vorder- wie Rückseite für kombinierte Warnbilder und -texte reserviert sein.

Mit den neuen Vorgaben setzt die Politik eine EU-Richtline aus dem Jahr 2014 um — bis zum 20. Mai muss diese in deutsches Recht eingearbeitet sein. Der Bundesrat muss der Reform noch zustimmen, was jedoch als wahrscheinlich gilt.

Die Wirkung der Bilder auf den Packungen ist umstritten. Seit Oktober 2012 dürfen Zigaretten in Australien nur noch mit den großflächigen Ekelbildern verkauft werden. Danach habe die Zahl der Anrufe bei der Telefon-Hotline "Quitline" um 78 Prozent zugenommen, wie es in einer Studie der Fachzeitschrift "Medical Journal of Australia" heißt. Bei der Telefon-Hotline können sich Menschen Rat holen, die mit dem Rauchen aufhören wollen.

Untersuchungen der Universitäten von Illinois (USA) und Stirling (Schottland) deuten auf das genaue Gegenteil. Beide sind zu dem Schluss gekommen, dass die Bilder keine abschreckende Wirkung auf regelmäßige Raucher haben.

"Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko", sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU). Mehr als 120.000 Menschen sterben jährlich deutschlandweit an den Folgen des Rauchens. Ziel des neuen Gesetzes soll demnach vor allem sein, Nichtraucher vom Griff zur Zigarette abzuschrecken, sagte Christian Schmidt (CSU) bei der abschließenden Lesung im Bundestag.

Um Fälschungen vorzubeugen, müssen Verpackungen künftig ein individuelles Erkennungszeichen und ein fälschungssicheres Sicherheitsmerkmal tragen. Kleine Verpackungsgrößen sind für bestimmte Tabakwaren verboten. Für die Unternehmen gilt aber eine Übergangsfrist. Die bis Mai auf Vorrat produzierten Schachteln dürfen noch ein Jahr weiter verkauft werden.

Mit dem neuen Gesetz ändern sich aber nicht nur die Verpackungen. Aromen, die den Tabakgeschmack überdecken, verschwinden ebenfalls vom Markt. Einzig für Mentholzigaretten gilt bis 2020 eine Übergangsfrist. Neu sind auch Regelungen für "E-Zigaretten". Für sie und deren Nachfüllbehälter soll es Werbeverbote nach dem Vorbild gewöhnlicher Zigaretten geben.

Bis zuletzt hatte es von der Tabakwirtschaft heftigen Widerstand gegen die Pläne gegeben. Die beiden führenden Verbände, der Deutsche Zigarettenverband und der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie, sprachen von einem "rabenschwarzen Tag" und forderten eine Fristverlängerung um ein Jahr. Gerade für kleine und mittelständische Betriebe seien die Umstiegsfristen zu knapp. Unter den Bewerbern auf dem Markt herrscht allerdings keine Einigkeit: Der multinationale Tabak-Konzern Philip Morris hatte im Dezember verkündet, gegen eine Verschiebung der Fristen zu sein.

Den Grünen geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. Ihr Sprecher für Drogen und Suchtpolitik, Harald Terpe, warf der Regierung vor, noch immer wirtschaftliche Interessen der Tabakindustrie wichtiger zu nehmen als eine wirksame Tabakprävention. Terpe sagte: "Werbung für Tabakprodukte im Kino und auf Plakaten, aber auch die kostenlose Abgabe von Tabakprodukten verhindern eine wirksame Tabakprävention."

Mit dpa-Material

(lukra)
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