Nach Gaucks Verzicht Merkels große Chance

Meinung | Düsseldorf · Die Kanzlerin muss jetzt einen Kandidaten finden, der Aufbruch signalisiert und sie innenpolitisch wieder in die Offensive bringt. Das klingt kompliziert - ist aber vor allem eine große Chance für Angela Merkel.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Gauck bei einem gemeinsamen Termin im Jahr 2015.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Gauck bei einem gemeinsamen Termin im Jahr 2015.

Foto: dpa, rje lre jai

Die Bundeskanzlerin hat bisher kein Händchen für Bundespräsidenten. Sie wollte den politikfernen Experten Horst Köhler - und wurde von seinem Rücktritt überrascht. Sie wollte einen erfahrenen Politikprofi, und bekam Christian Wulff. Sie wollte eine zweite Amtszeit von Joachim Gauck, und muss seinen Verzicht hinnehmen. Jetzt muss die innenpolitisch angeschlagene Kanzlerin einen Kandidaten finden, der Aufbruch signalisiert und sie wieder in die Offensive bringt. Das klingt kompliziert. Es ist aber vor allem eine große Chance für Angela Merkel.

Sie könnte mit einer gestandenen Persönlichkeit den Wettstreit dominieren. Und damit ein Signal setzen, wohin sie dieses Land führen will. Sie könnte die Grünen für eine Richtungsentscheidung gewinnen. Die Öko-Partei ist das Zünglein an der Waage. Schwarz-Grün hätte sogar eine Mehrheit im ersten Wahlgang. Die Grünen sind die neue FDP, wenn man so will. Merkel könnte aber auch auf Risiko spielen, eine neue Seite an ihr, die man erst seit der Flüchtlingskrise kennt. Im dritten Wahlgang braucht es nur die einfache Mehrheit. Merkel könnte also jemanden nominieren, der die Union begeistert, der das gerupfte konservative Profil stärkt, einen Ruck durch die Partei gehen lässt.

Wen sollte die SPD gegen diesen erfahrenen Europäer und ausgewiesenen Konservativen in Stellung bringen? Frank-Walter Steinmeier würde jedenfalls nicht gegen Wolfgang Schäuble antreten. Soll die SPD Gesine Schwan nominieren? Gaucks Rückzug birgt jedenfalls die Chance, diesem Land im Februar 2017 eine Richtung zu geben. Inhaltlich und machtpolitisch. Die Kandidatenkür entscheidet im Super-Wahljahr auch über die politische Gestaltungskraft in diesem Land. Wer kann Mehrheiten organisieren?

(brö)
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