Diplomatische Verstimmungen Berlin lehnt elf Rüstungsexporte in die Türkei ab

Berlin · Während die türkische Regierung am Dienstag den Geschäftsträger der deutschen Botschaft ins Außenministerium einbestellt hat, soll die Bundesregierung einem Medienbericht zufolge zuletzt mehrere Rüstungsexporte ins Nato-Partnerland Türkei abgelehnt haben.

Die deutsche Rüstungsindustrie
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Foto: dpa, Clemens Niesner

Das berichtete am Dienstag die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf eine Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Jan van Aken, die dem Blatt vorlag. Nach Dafürhalten des Blattes gab es in der Bundesregierung Befürchtungen, dass die Waffen zur internen Repression eingesetzt werden könnten.

Insgesamt seien seit November 2016 elf Genehmigungen auf Rüstungsexporte verweigert worden. Dabei sei es nach Angaben des Wirtschaftsministeriums um Handfeuerwaffen, Munition sowie um Teile zur Herstellung bestimmter Rüstungsgüter gegangen. Zur Begründung der Ablehnungen seien unter anderem die Lage der Menschenrechte in der Türkei sowie die "innere Lage" im Land zum Tragen gekommen.

Normalerweise genehmigt die Bundesregierung Lieferungen in befreundete EU- und Nato-Länder. Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern dorthin kann aber "aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen" beschränkt werden.

Van Aken, der Rüstungsexperte der Linksfraktion, begrüßte das Vorgehen der Regierung als ersten richtigen Schritt: "Und der nächste muss sein, dass die Türkei keinerlei Waffen aus Deutschland bekommt", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Die türkische Regierung führe Krieg, "im eigenen Land und in Syrien" und trete "immer diktatorischer" auf. Darüber hinaus zeige der Vorgang: "Auch Nato-Staaten können Waffenlieferungen versagt werden", sagte Aken.

Ankara über BND-Chef verärgert

Aus Verärgerung über Äußerungen von BND-Chef Bruno Kahl über die Gülen-Bewegung hat die türkische Regierung am Dienstag den Geschäftsträger der deutschen Botschaft ins Außenministerium bestellt. Der deutsche Diplomat sei "eingeladen" worden, um ihm die türkische Reaktion auf die Äußerungen deutlich zu machen, teilte das Ministerium mit. Kahls Worte zeigten "die Mentalität hinter der toleranten und beschützenden Einstellung" Deutschlands gegenüber der Gülen-Bewegung.

In einem Interview mit dem "Spiegel" hatte Kahl der türkischen Regierung hinsichtlich der Bewertung des Putschversuchs vom 15. Juli 2016 widersprochen. Ankara macht die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich. Kahl sagte, er sehe dafür keine Anzeichen.

"Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen", sagte Kahl in dem am Wochenende veröffentlichten Interview. Er widersprach auch der Einschätzung der türkischen Regierung, die Gülen-Bewegung sei islamisch-extremistisch oder gar terroristisch: "Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung", sagte der BND-Chef.

Ankara hatte mit heftigen Anschuldigungen gegen die Bundesregierung auf das Interview reagiert. Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan hielt Deutschland am Sonntag vor, es wolle die Bewegung des islamischen Predigers "reinwaschen". Verteidigungsminister Fikri Isik sagte sogar, die Bemerkungen des BND-Chefs würden Fragen Auftrieb geben, ob nicht Berlin selbst an dem Putschversuch beteiligt gewesen sei.

In der Türkei wurden seit dem Putschversuch zehntausende angebliche Gülen-Anhänger inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen. Gülen, der im Exil in den USA lebt, bestreitet jegliche Verwicklung in den Putschversuch.

(felt/dpa)
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