NSU-Prozess Gericht nimmt Geheimdienst-Zeugen Aktenordner ab
München · Im Münchner NSU-Prozess hat das Gericht den Inhalt eines Aktenordners sichergestellt, den ein als Zeuge geladener Verfassungsschutzbeamter aus Brandenburg als Gedächtnisstütze mitgebracht hatte. Zuvor war der Zeuge am Mittwoch über sein Wissen über den V-Mann "Piatto" befragt worden.
"Piatto" war auf die Führungsebene der NSU-Unterstützerszene im sächsischen Chemnitz angesetzt. Dorthin hatten sich Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach ihrem Abtauchen 1998 zunächst geflüchtet. Aus dem Untergrund sollen sie dann die zehn Morde geplant und begangen haben, für die sich Zschäpe als Hauptangeklagte in dem Prozess verantworten muss.
Der Zeuge hatte zuvor mehrere Fragen nicht oder widersprüchlich beantwortet. Die Verteidiger von Ralf Wohlleben und die beiden Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl monierten zudem, dass unter der Kapuze und der Perücke des Mannes nicht einmal dessen Gesicht zu sehen sei. Als es um die Beschaffung einer Waffe und eine SMS dazu auf das Handy von V-Mann "Piatto" ging, suchte der Zeuge längere Zeit in seinem Aktenordner.
Rechtsanwältin Nicole Schneiders meinte, nach ihrem Augenschein habe der Zeuge in Protokollen des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum NSU-Terror geblättert. Nebenkläger-Anwälte und Verteidiger verlangten daraufhin die Herausgabe der Akte. Das Gericht entschied am Mittag, den kompletten Inhalt kopieren zu lassen. Die Vernehmung des Zeugen soll zu einem späteren Termin fortgesetzt werden.