Atommüll 14-jährige Suche nach Endlager startet

Berlin · Die neu gegründete Bundesgesellschaft für Endlagerung hat ihre Arbeit aufgenommen. Bis 2031 soll ein geeigneter Ort gefunden werden, an dem hoch radioaktiver Abfall mindestens eine Million Jahre lang lagern kann.

 Gelbe Fässer für Atommüll stehen in rund 500 Metern Tiefe im Endlager für schwach und mittelradioaktiven Atommüll in Morsleben (Bördekreis).

Gelbe Fässer für Atommüll stehen in rund 500 Metern Tiefe im Endlager für schwach und mittelradioaktiven Atommüll in Morsleben (Bördekreis).

Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa

Am Dienstag leitete die neue Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) das sogenannte Standortauswahlverfahren für Atommüll offiziell ein: Die Vorgabe ist, dass die strahlende Hinterlassenschaft der Kernenergie eine Million Jahre lang sicher verwahrt sein muss. Eine Expertenkommission hatte zuvor geklärt, nach welchen Kriterien gesucht werden soll. Ein geeigneter Ort für ein Endlager soll planmäßig erst bis zum Jahr 2031 gefunden sein. Dies gilt unter vielen Experten aber als sehr ehrgeizig.

Eine "Jahrhundertaufgabe" nannte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Suche zum offiziellen Startbeginn. "Es wird ein langer und gründlicher Prozess sein." Wie bei einem Marathonlauf sei Ausdauer gefragt. Aber dennoch müsse das Ziel so bald wie möglich erreicht werden.

Theoretisch kommt jeder Ort in Frage — es gilt das Prinzip der "weißen Landkarte". Experten sortieren mit Hilfe schon vorliegender Daten lediglich Regionen aus, die nicht in Frage kommen — etwa, weil Erdbebengefahr besteht oder viele Menschen dort wohnen.

Im nächsten Schritt werden Gebiete ausgewählt, die bestimmten Mindestanforderungen entsprechen.
Anhand weiterer Kriterien wie der Nähe zu Wohngebieten werden dann theoretisch geeignete Standorte bestimmt. Es folgt eine Erkundung über Tage, dann unter Tage. Die Suche soll planmäßig 14 Jahre lang dauern..

 Fachleute besichtigen das marode Atommülllager Asse bei Remlingen.

Fachleute besichtigen das marode Atommülllager Asse bei Remlingen.

Foto: dpa

Ein Endlager für hoch radioaktiven Müll gibt es bisher nirgendwo auf der Welt. Der bisherige Plan ist, die hoch radioaktiven Atomabfälle mehrere Hundert Meter tief in einem Bergwerk zu entsorgen. Als geologische Formationen kommen Salz, Ton und kristallines Gestein wie Granit in Frage. Solche Gebiete gibt es mehrere in Deutschland. Hendricks betonte vorab, keine Region könne sich aus der Verantwortung stehlen.

Der Gesetzgeber — also Bundestag und Bundesrat, anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die kommunale Planungshoheit wird dafür ausgehebelt. Allerdings sollen Bürger von Anfang an mitreden können und informiert werden. Ein Endlager könnte dann Mitte des Jahrhunderts fertig sein. Viele Experten halten den Zeitplan aber schon jetzt für unrealistisch.

Eigentlich schon. Der Müll soll aber 500 Jahre lang "rückholbar" sein, falls es Probleme gibt oder die Wissenschaft ganz neue Erkenntnisse bringt. Hintergrund dieser Entscheidung sind Erfahrungen mit dem ehemaligen Salzbergwerk Asse, wo schwach- und mittelradioaktive Abfälle lagern. Dort drang Grundwasser ein — deswegen sollen die 125.000 Fässer mit Atommüll zurückgeholt werden.

Die Mehrheit für das Gesetz im Bundestag war groß, die Linke sagte aber nein. Unter anderem bemängelt die Partei "Schlupflöcher" im Exportverbot für hoch radioaktiven Atommüll. Außerdem sollte der Salzstock Gorleben ihrer Meinung nach nicht mehr im Rennen sein — das sehen auch manche Umweltschützer und Aktivisten vor Ort so.

Kritiker halten auch die Regelungen zu Bürgerbeteiligung, Rechtsschutz und Transparenz im Suchverfahren für unzureichend. Greenpeace findet es nicht richtig, dass die unterirdische Lagerung schon festgelegt ist.

Wegen des jahrzehntelangen Streits um den niedersächsischen Salzstock wurde die Endlager-Suche überhaupt erst neu gestartet. Über keinen anderen potenziellen Standort weiß man so viel wie über diesen — daher fürchten Kritiker, dass es am Ende doch wieder auf Gorleben hinausläuft.

Die BGE, eine GmbH im Besitz des Bunds, fragt die geologischen Landesbehörden und auch private Unternehmen nach Daten und erstellt eine Karte mit Regionen, in denen ein Endlager gebaut werden könnte — möglichst innerhalb der kommenden Legislaturperiode, also bis 2021.

Wenn Unternehmen in großer Tiefe etwa nach Wasser, Gas oder Erdwärme bohren wollen, gibt es nun unter Umständen ein Extra-Prüfverfahren. Denn sie könnten mögliche Standorte für ein Endlager untauglich machen. Das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) veröffentlicht die Prüfergebnisse auf seiner Homepage.

(beaw)
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