Scharfe Kritik an Koalitionsbeschluss Arbeitgeber-Chef: Pflege-Riester untauglich

Berlin · Die schwarz-gelbe Bundesregierung will heute die Förderung privater Pflegezusatzversicherungen im Kabinett beschließen. Opposition, Arbeitgeber und Verbände kritisierten das Modell scharf.

Presse: Koalitionsgipfel funktionieren wie "Kuhhandel"
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Foto: dapd, Paul Zinken

Für die zusätzliche private Pflegevorsorge hatten sich die Koalitionsspitzen am Montag im Kanzleramt auf ein Modell verständigt, bei dem die Bürger bei Abschluss einer entsprechenden Versicherung einen Zuschuss von monatlich fünf Euro erhalten sollen. Etwa 60 Millionen Euro sollen im ersten Jahr zur Verfügung gestellt werden.

SPD-Fraktionsvize Elke Ferner kritisierte, der Betrag reiche nicht einmal für zwei Millionen Versicherungs-Policen aus. Damit kämen weniger als 2,5 Prozent aller gesetzlich Pflegeversicherten überhaupt in den Genuss dieser Förderung. Die Pläne seien reine "Geldverschwendung".

Der Präsident der Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt, ist ebenfalls unzufrieden. "Die geplante Förderung der privaten Pflegevorsorge ist kein Beitrag, um die nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung zu sichern. Anders als bei der Einführung der Riester-Rente, die gezielt zum Ausgleich des sinkenden Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt wurde, werden keine Leistungsbestandteile aus der Umlagefinanzierung herausgenommen", sagte Hundt unserer Redaktion. Die langfristigen Finanzierungsprobleme der Pflegeversicherung blieben ungelöst und würden noch durch Leistungsausweitungen verschärft.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verteidigte dagegen seine Reform und versprach, die Förderung solle "einfach und unbürokratisch" laufen. Ab Januar 2013 können alle gesetzlich und privat Versicherten jährlich 60 Euro vom Staat erhalten, wenn sie eine private Zusatzversicherung abschließen. Die Versicherten müssen pro Jahr mindestens 120 Euro einzahlen. Die Leistung im Versicherungsfall soll bei einem Tagespflegegeld von monatlich mindestens 600 Euro für die Pflegestufe III liegen. Die Versicherungen dürfen keine Gesundheitsprüfung verlangen. Die Verträge müssen mindestens fünf Jahre laufen, bevor es zu einer Auszahlung kommen kann.

Auch von Verbraucherschützern kam indes Kritik. Der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Gerd Billen, warnte: "Die Regierung darf die Fehler der Riester-Förderung nicht wiederholen. Dafür ist es wichtig, dass die Finanzaufsicht Produkte und Vertrieb kontrolliert und ein Produktinformationsblatt Verbrauchern Vor- und Nachteile verständlich macht."

Sozialverbände kritisierten die Pflegepläne als unsozial. Damit die Versicherung bei Pflegebedürftigkeit tatsächlich Lücken schließen könne, müssten sehr hohe Beiträge eingezahlt werden, sagte die Chefin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher. Geringverdiener könnten die Beiträge auch mit staatlicher Hilfe nicht aufbringen. "Es ist sinnvoller, die Pflegeversicherungsbeiträge zu erhöhen", forderte Mascher.

(RP/pst/rm)
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