Interview mit Anton Hofreiter "Die Grünen als Alternative zur CDU positionieren"

Berlin · Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter spricht im Interview über die Strategie seiner Partei nach den Landtagswahlen am 13. März. Die Schwäche der SPD bedeutet für die Grünen eine Chance zur weiteren Profilierung, sagt er vor dem Kleinen Parteitag der Grünen am Samstag in Berlin.

 "Volkspartei, darum geht es nicht. Wir haben den Anspruch, in den zentralen gesellschaftlichen Fragen bessere Antworten als die SPD zu geben", sagt Anton Hofreiter.

"Volkspartei, darum geht es nicht. Wir haben den Anspruch, in den zentralen gesellschaftlichen Fragen bessere Antworten als die SPD zu geben", sagt Anton Hofreiter.

Foto: dpa, frg pil

Von Kretschmann siegen lernen — das ist das unausgesprochene Motto des Kleinen Parteitags der Grünen heute in Berlin. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird nach seinem sensationellen Wahlsieg vom 13. März vor den 92 Delegierten sprechen — und dabei sicher auch erklären, wie die Grünen dieses Kunststück in Zukunft wiederholen können. Die Zeichen in Baden-Württemberg stehen auf Grün-Schwarz, und das heizt auch die innerparteiliche Debatte über Schwarz-Grün im Bund 2017 an. Fraktionschef Anton Hofreiter, Vertreter der Parteilinken, will sich dem ausdrücklich nicht verschließen.

Herr Hofreiter, welche Strategie verfolgen die Grünen nach den Landtagswahlen?

Hofreiter Wenn wir einen klaren Kompass haben, den wir gemeinsam verfolgen und klar machen, für was wir stehen und warum es uns Grüne braucht, dann ist das der richtige Weg — auch für uns im Bund. Dabei sind drei Punkte wichtig. Punkt eins: Wir brauchen eine Strategie gegen die AfD. Die müssen wir noch stärker inhaltlich stellen. Man darf die AfD nicht einfach nur zu einer rechtsextremen Partei erklären, sondern muss ihr mit klugen Argumenten entgegnen. Punkt zwei: In allen drei Wahlen wurde der kleinere Koalitionspartner abgestraft. Daraus folgt: Wir müssen auch als kleiner Partner erkennbar bleiben. Punkt drei: Der Wahlerfolg in Baden-Württemberg bedeutet, dass man dann erfolgreich ist, wenn eine Persönlichkeit starke politische Inhalte glaubwürdig verkörpert.

Welche Person könnte diese Rolle im Bund für die Grünen wahrnehmen?

Hofreiter Bei uns entscheiden im September in einer Urwahl die Mitglieder, wer die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl sein werden. Ich möchte Spitzenkandidat werden. Mein Angebot: Ich stehe nicht für eine Koalitionsoption, ich kämpfe leidenschaftlich für unsere Öko-Kernthemen und für internationale Gerechtigkeit.

Haben die Grünen den Anspruch, die SPD als Volkspartei abzulösen?

Hofreiter Wir sehen doch eher, dass die Volksparteien zerbröseln. Volkspartei, darum geht es nicht. Wir haben den Anspruch, in den zentralen gesellschaftlichen Fragen bessere Antworten als die SPD zu geben. Wir sind die Partei, die zeigt, wie Ökologie, Gerechtigkeit und Ökonomie zusammengehen.

Kämpfen Sie jetzt für Schwarz-Grün nach der Bundestagswahl 2017?

Hofreiter Natürlich nicht, wir sind eine eigenständige Partei und kein Anhängsel. Ich kämpfe für starke Grüne. Und ich will, dass wir 2017 Verantwortung übernehmen können. Das muss jetzt vorbereitet werden. Ich bin der Meinung, dass wir Schwarz-Grün 2017 nicht ausschließen sollen. Aber wir sollten auch keinen Kuschelkurs mit der Union fahren. Das ist die Partei, die weitermachen will mit der Kohle, die TTIP auf Teufel komm raus will, und die gegen die grassierende Ungerechtigkeit in unserem Land am liebsten gar nichts tun will. Ich will uns da als klare Alternative positionieren. Auch Rot-Rot-Grün muss selbstverständlich eine Option für 2017 bleiben. SPD und Linke müssen deshalb endlich mit ihren Sandkastenspielen aufhören, gerade auch angesichts der AfD und dem schwächer werdenden Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Das sind zwei mehr oder weniger sozialdemokratische Parteien, die haben da eine besondere Verantwortung. Sie sollten aufhören sich zu bekriegen.

Baden-Württemberg hat gezeigt, dass die Person an der Spitze wichtig ist. Welche Konsequenzen sollte das für die Satzung der Grünen haben? Sollten zum Beispiel Bundesvorstandsmitglieder auch Fraktionschefs werden dürfen?

Hofreiter Wir haben mit der Urwahl bereits die Konsequenzen gezogen. Die Trennung von Partei- und Fraktionsämter ist eine bewährte Praxis bei uns und eine gute demokratische Kultur. Da sehe ich keinen Änderungsbedarf.

Welche Probleme haben Sie mit der CSU?

Hofreiter Die CSU rutscht immer weiter nach rechts. Und wenn in einer Bundesregierung konstant in unglaubwürdiger Weise über das Gleiche gestritten wird, untergräbt das das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der Politik. Der Wahlerfolg der AfD geht auch auf die Kappe der CSU und Herrn Seehofer. Er soll diese Querschüsse sein lassen oder seine Bundesminister aus der Regierung abziehen.

Welche neuen Chancen bieten Dreierbündnisse für die Grünen?

Hofreiter Es geht weniger um Chancen als um Verantwortung. Die übernehmen wir zum Beispiel in Sachsen-Anhalt während die FDP in Baden-Württemberg rein parteiegoistisch handelt. Die Parteienlandschaft ist unübersichtlicher geworden, da sollte es Gesprächsbereitschaft zwischen allen demokratischen Parteien geben. Was aber ganz wichtig ist: die Unterschiede zwischen den Parteien müssen wieder deutlicher erkennbar sein. Es braucht demokratische Alternativen. Alles andere ist Wasser auf die Mühlen der AfD.

Mit Anton Hofreiter sprach Birgit Marschall.

(mar)
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