Anschlagsgefahr Fahrzeuge werden immer häufiger zur Waffe

Berlin · In Melbourne fuhr ein Mann in eine Menschenmenge. Der IS rät seinen Anhängern im Internet zu Anschlägen mit Fahrzeugen. Die SPD ist daher für automatisierte Bremssysteme bei Neuwagen.

Berlin: Tag 1 nach dem Anschlag 2016 auf einen Weihnachtsmarkt
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Berlin am Tag nach dem Anschlag

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Foto: REUTERS/Pawel Kopczynski

Ein Jahr nach dem Anschlag mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt in Berlin hat die Polizei in Karlsruhe einen terrorverdächtigen 29-Jährigen festgenommen, der mit einem Fahrzeug auf dem Schlossplatz Menschen töten wollte. Im australischen Melbourne raste ein 32-Jähriger mit hohem Tempo in eine Menschenmenge und verletzte 14 Passanten teils schwer. Dies zeigt, dass Fahrzeuge immer mehr zu einer Waffe für Terror und Gewalt werden.

Mit der jüngsten Festnahme bestätigt sich eine Entwicklung, vor der die Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den militärischen Niederlagen des sogenannten Kalifats des Islamischen Staates wiederholt gewarnt hatten: Dass die Terrororganisation Anhänger dazu gewinnen könnte, vermehrt Anschläge in westlichen Ländern vorzubereiten. Gerade für die Verwendung von Wagen als Waffe gab es sogar ausgeklügelte Handlungsanweisungen im Internet.

In dem IS-Propagandamagazin "Rumiyah" wird für Fahrzeuge als besonders einfach zu besorgende Waffen geworben. Sie seien sogar Messerattentaten vorzuziehen, da man nicht überall sicher mit einem Messer hinkomme, Fahrzeuge jedoch als unbedenklich angesehen würden. Von kleineren Autos wird abgeraten, da sie nicht für das gewünschte Ausmaß an Todesopfern sorgten. Es gelte auch, den Tatort sorgfältig auszuwählen, um einerseits viele Menschen treffen und andererseits zuvor stark beschleunigen zu können. Doppelreifen seien ebenfalls empfehlenswert, um mehr Ungläubige töten zu können.

In Karlsruhe hatte der Terrorverdächtige vor Monaten damit begonnen, den Schlosspark auszukundschaften. Der in Freiburg geborene Deutsche irakischer Eltern war laut Bundesanwaltschaft 2015 und 2016 in den Irak gereist, um sich dort vom IS ausbilden zu lassen. Seit September habe er sich als Fahrer bei Paketdiensten beworfen. Er soll geplant haben, in eine Menschenmenge entlang der Stände an einer Eisfläche zu rasen. In seiner Wohnung wurde islamistische Propaganda sichergestellt. Gegen ihn wurde Untersuchungshaft angeordnet.

Angesichts der wachsenden Zahl von Angriffen mit Pkw und Lkw begrüßte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka Überlegungen der EU, in den nächsten Jahren schrittweise automatisierte Bremssysteme bei Neuwagen einzuführen. "Dies bietet die Chance, nicht nur die Gefahr von Terrorakten mit Kraftfahrzeugen zu minimieren, sondern auch die Zahl von Verkehrstoten zu senken", sagte Lischka unserer Redaktion. Zu einer ehrlichen Diskussion gehöre allerdings, dass derartige Systeme nie völlig manipulationssicher sein dürften.

(may-)
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