Designierte Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer soll der CDU neuen Glanz verleihen

Berlin · Mit dem Job der Generalsekretärin könnte Annegret Kramp-Karrenbauer ihr Meisterstück für das Kanzleramt abliefern. Ähnlich wie die Kanzlerin ist sie in fachpolitischen Details sattelfest, in der Problemlösung unideologisch und in der Lageanalyse scharfsinnig.

 Kramp-Karrenbauer bei der Pressekonferenz in Berlin, bei der Merkel sie als designierte Generalsekretärin vorstellte.

Kramp-Karrenbauer bei der Pressekonferenz in Berlin, bei der Merkel sie als designierte Generalsekretärin vorstellte.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Hochzufrieden, entspannt, gar fröhlich hat man die Kanzlerin lange nicht gesehen. Ihre überraschende Personalie, die saarländische Ministerpräsidentin zur neuen Generalsekretärin zu machen, stieß in den Parteigremien auf so viel Zustimmung, dass Angela Merkel am Montag allerbester Laune gemeinsam mit Annegret Kramp-Karrenbauer ihre sonst oft routiniert abgespulte Pressekonferenz hielt.

Das führte so weit, dass Merkel ihre Parteifreundin als erste Frau im Amt des Generalsekretärs der CDU anpries. Dass Merkel selbst zwischen 1998 und 2000 diese Funktion ausübte, hatte die Kanzlerin offenbar verdrängt.

AKK - wie alle in der Partei die 55-Jährige mit dem Zungenbrecher-Doppelnamen nennen - regiert seit 2011 das Saarland. Dass sie Machtkämpfe gewinnen kann, bewies sie 2012, als sie ausgerechnet am Dreikönigstag die FDP aus dem Jamaika-Bündnis warf. Aus der folgenden Neuwahl ging sie gestärkt als Chefin einer großen Koalition hervor.

Im vergangenen März im Landtagswahlkampf gelang ihr gegen den Bundestrend eine bemerkenswerte Aufholjagd. Für die CDU holte sie mehr als 40 Prozent an der Saar und versetzte der SPD in ihrem Schulz-Rausch den ersten empfindlichen Schlag im Bundestagswahlkampfjahr.

 Karneval 2017: Annegret Kramp-Karrenbauer tritt bei der Narrenschau im saarländischen Riegelsberg als Putzfrau Gretel aus dem Landtag auf.

Karneval 2017: Annegret Kramp-Karrenbauer tritt bei der Narrenschau im saarländischen Riegelsberg als Putzfrau Gretel aus dem Landtag auf.

Foto: dpa

Im politischen Berlin war man schon länger auf die Pragmatikerin von der Saar aufmerksam geworden. Ähnlich wie Merkel ist sie in fachpolitischen Details sattelfest, in der Problemlösung unideologisch und in der Lageanalyse scharfsinnig. Zunächst galt sie neben den Bundesministern Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen sowie CDU-Vizechefin Julia Klöckner als Geheimtipp für die Nachfolge Merkels. Nun sieht es danach aus, als liefe alles auf Kramp-Karrenbauer hinaus.

Voraussetzung dafür, dass sich die Saarländerin den Weg ins Kanzleramt ebnen kann, ist ein Zustandekommen der großen Koalition - und dass sie nach Möglichkeit vier Jahre hält. Dann könnte Kramp-Karrenbauer zwei Jahre lang den Reformprozess der CDU voranbringen, ein neues Grundsatzprogramm aufsetzen und die CDU von dem Ruf befreien, sie sei ein inhaltsleerer Kanzlerinnen-Wahlverein. Wollte sie wirklich 2021 als Kanzlerkandidatin für die CDU antreten, müsste sie auch noch eine Runde durchs Bundeskabinett drehen.

Mögliche Szenarien: Der voraussichtlich nächste Wirtschaftsminister Peter Altmaier könnte Mitte 2019 als EU-Kommissar nach Brüssel wechseln. Kramp-Karrenbauer könnte in dessen Ministerium folgen. Von der Leyen, die in einer großen Koalition wahrscheinlich Verteidigungsministerin bleibt, wird als künftige Nato-Generalsekretärin gehandelt. Auch ihr Platz könnte also 2020 frei werden.

Merkel selbst betonte mehrfach, dass sie die volle Wahlperiode Kanzlerin bleiben möchte. Immer wieder erklärte sie auch, Kanzleramt und Parteivorsitz gehörten in eine Hand. Sollte sie an Kramp-Karrenbauer übergeben wollen, wäre aber ein Wechsel der Saarländerin an die Spitze der Partei denkbar - etwa zeitgleich mit einer Ausrufung zur Kanzlerkandidatin.

Dafür muss die dreifache Mutter, die im Saarland vor ihrer Zeit als Regierungschefin schon Innenministerin, Sozialministerin und Kultusministerin war, die Herzen der Parteibasis und die Zustimmung der Funktionäre erlangen. Wenn sie ihren Job als Generalsekretärin gut macht, kann das gelingen.

Schon heute ist Kramp-Karrenbauer in der Partei tief verankert. Sie hat die Frauenunion auf ihrer Seite. Zudem zählt sie zum Arbeitnehmerflügel, der sie ebenfalls stützt. Dennoch ist sie keine Parteilinke. In gesellschaftspolitischen und ethischen Fragen tickt sie konservativ. In den 60er und 70er Jahren in einem großen Geschwisterkreis im katholisch-bürgerlichen Milieu des Saarlands aufgewachsen, gehört sie zu den entschiedenen Gegnern der Ehe für alle.

In der Flüchtlingspolitik stärkte sie Merkel den Rücken. Zugleich zeigte sie im Saarland klare Kante gegenüber den Neuankömmlingen. Dort ist es üblich, dass junge Flüchtlinge, die sich als minderjährig ausgeben, aber älter wirken, sich einer medizinischen Untersuchung auf ihr biologisches Alter unterziehen müssen. Sie stellte sich auch gegen eine Entscheidung des Saarbrücker Amtsgerichts, wonach Kreuze aus Sitzungssälen entfernt werden sollten. Das christliche Symbol sei eine "Ermahnung zur Demut" und erinnere daran, "dass Menschen nicht der Weisheit letzter Schluss" seien, befand sie.

Seitdem Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin Merkels gehandelt wird, wird sie auch als "kleine Merkel" belächelt. Im politischen Stil finden sich in der Tat viele Parallelen. Doch die Frau aus dem Südwesten der Republik hat eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen. Sie scheut das Risiko nicht - wie ihr Agieren beim Rauswurf der FDP aus dem Jamaika-Bündnis im Saarland 2012 zeigte.

Kramp-Karrenbauer ist auch extrovertierter als die Kanzlerin. Einmal im Jahr amüsierte sie bislang die Saarländer mit einem Auftritt im Karneval als Putzfrau Gretel aus dem Landtag. Bei diesen Auftritten zieht sie sich und ihre Kollegen aller Parteien durch den Kakao. Schon vor drei Jahren bemerkte sie im breiten saarländischen Dialekt: "Jo, gudd, immer nur Saarbrigge putze is jo aach langweilich."

(qua)
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