Kanzlerin Merkel zu Jamaika-Sondierung "Wir können die Enden zusammenbinden"

Berlin · Zwei Wochen nach Beginn der Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition hat sich Kanzlerin Angela Merkel zuversichtlich zu den Erfolgschancen geäußert. Mit Mühe und Anstrengung könne man eine Regierung bilden. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sieht die Entwicklung indes deutlich negativer.

In ihrer ersten öffentlichen Stellungnahme zu den Verhandlungen mit CSU, FDP, und Grünen sagte die CDU-Chefin am Freitag in Berlin, sie gehe zwar von weiterhin schwierigen Beratungen aus. "Aber ich glaube nach wie vor, dass wir die Enden zusammenbinden können, wenn wir uns mühen und anstrengen."

"Die CDU ist dafür bereit"

Jeder Partner solle dabei seine Identität zur Geltung bringen können, damit daraus etwas Gutes für das Land entstehe. "Die CDU ist jedenfalls dazu bereit". Grüne und FDP schlugen skeptischere Töne zum Verhandlungsstand an. Die Unterhändler der vier Parteien kamen am Freitagnachmittag zusammen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Merkel sagte vor der Sitzung, es habe sich bisher gezeigt, "dass der Angang der einzelnen Partner unterschiedlich ist, aber dass uns natürlich auch Dinge gemeinsam leiten". Ihr Leitmotiv für die weiteren Verhandlungen sei, "dass wir heute dafür die Voraussetzungen schaffen, dass wir auch in zehn Jahren noch gut in Deutschland leben können". So ähnlich lautete auch der Wahlkampfslogan der CDU: "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben."

Mehrstündige Sitzungen folgen

Als wichtigste Themen nannte Merkel Beschäftigung, "gute Arbeit", soziale und innere Sicherheit, Integration und die Erfüllung internationaler Verantwortung, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Fluchtursachen. Für die CDU seien Familie und Bildung besonders wichtig.

Die Kanzlerin kam am Freitag zunächst mit CSU-Chef Horst Seehofer, FDP-Chef Christian Lindner und dem Grünen-Spitzenduo Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt zusammen. Danach versammelte sich das große Sondierungsteam zu einer mehrstündigen Sitzung.

Trittin zieht eher negative Bilanz

Bis Donnerstagabend hatten die Parteien alle Themenblöcke für eine mögliche Jamaika-Koalition mindestens einmal beraten. Allerdings liegen sie auf vielen Politikfeldern noch weit auseinander - unter anderem bei der Migrations- und der Klimaschutzpolitik. Einen Überblick dazu finden Sie hier.

In den kommenden zwei Wochen sollen die Sondierungen so weit abgeschlossen werden, dass die Parteien über einen Eintritt in formelle Koalitionsverhandlungen entscheiden können.

Die Zwischenbilanz des Grünen-Politikers Jürgen Trittin fiel negativ aus. "Wir haben zehn Tage zusammen gesessen. Zwölf Themen. Das Ergebnis sind acht Papiere mit langen Listen von Dissensen, also zu klärenden Fragen", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". "Und in vier Bereichen hat man es nicht mal geschafft, sich darauf zu verständigen, worüber man sich nicht einig ist."

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sieht die Chancen einer Jamaika-Koalition nach rund zwei Wochen Sondierung bei 50:50. "Wir haben erste Ansätze gefunden für Gemeinsamkeiten, aber wir werden ab nächster Woche bei den Konfliktherden in die Details gehen, um auszuloten ob es auch möglich ist, die Brücke auch fertig zu bauen", sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Bayerns FDP-Chef Albert Duin zeigte sich dagegen extrem skeptisch. "Ich sehe kaum eine Chance. Jamaika ist eine Totgeburt", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Der ideologische Hypermoralismus der Grünen macht jede Form einer gemeinsamen Regierungsbildung unmöglich."

"Drei Schritte vor, zwei zurück"

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU zeigte sich zuversichtlich, dass die Sondierungen wie geplant in den kommenden zwei Wochen abgeschlossen werden können. Die rheinland-pfälzische CDU-Landeschefin Julia Klöckner sagte, bisher seien die Verhandlungen "durchwachsen gut" gelaufen. "Manchmal geht es drei Schritte vor, dann wieder zwei zurück", sagte sie.

SPD-Chef Martin Schulz warf Union, FDP und Grünen Selbstbezogenheit und Ignoranz gegenüber den Problemen der Menschen vor. "Alle Beteiligten kreisen mit großer Eitelkeit nur um sich selbst und inszenieren ein unwürdiges Schauspiel zwischen royalen Balkonbildern und angeblichem Streit", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

"Verlierer sind die Menschen in Deutschland, weil es sichtbar bei den Gesprächen nicht um ihre Interessen geht", beklagte er.

(csi/dpa)
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