Kanzlerin auf Staatsbesuch Merkel sieht Chancen in Brasiliens Krise

Brasilia · Angela Merkel besucht ein Land in der Krise und trifft in Brasilia auf eine arg geschwächte Präsidentin Rousseff. Auch deutschen Firmen droht Ungemach – vor allem der Automobilbranche. Doch die Kanzlerin sieht auch neue Chancen.

Angela Merkel in Brasilien zu Gast bei Dilma Rousseff
6 Bilder

Merkel besucht Brasiliens Präsidentin Rousseff

6 Bilder
Foto: ap

Angela Merkel besucht ein Land in der Krise und trifft in Brasilia auf eine arg geschwächte Präsidentin Rousseff. Auch deutschen Firmen droht Ungemach — vor allem der Automobilbranche. Doch die Kanzlerin sieht auch neue Chancen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht trotz der Krise in Brasilien neue Chancen für einen verstärkten Handel mit dem fünftgrößten Land der Welt. Zugleich stellte Merkel auch eine neue Offenheit Brasiliens für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur fest. "Brasilien ist jetzt hier sehr ambitioniert", sagte Merkel am Donnerstag vor Beginn der ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen in der Hauptstadt Brasilia.

Merkel mahnte außerdem mit Blick auf die rund 1400 in Brasilien tätigen deutschen Unternehmen verlässliche Investitionsbedingungen an. "Die deutschen Unternehmen wollen das und sind dann auch bereit, noch mehr in Brasilien zu investieren", sagte Merkel.

Von der schweren Wirtschaftskrise in Brasilien sind gerade auch die im Land vertretenden deutschen Automobilhersteller betroffen. Sie mussten zum Teil ihre Produktion merklich zurückfahren.

Brasilien soll in Sachen Freihandel vorangehen

Brasilien sei in Sachen Freihandel gemeinsam mit anderen bereit, bei den Verhandlungen mit der EU voranzugehen, sagte die Kanzlerin. "Das ist das neue Momentum, das ich sehe." Staatspräsidentin Dilma Rousseff habe großes Interesse daran und stehe in engem Kontakt mit Argentinien. Paraguay und Uruguay seien ohnehin interessiert.

Seit 1999 verhandeln EU und Mercosur über Freihandel und den Abbau von Zollschranken, Vollmitglieder sind Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Venezuela, Bolivien soll folgen.

Ein Knackpunkt ist die Sorge um eine Verdrängung einheimischer Agrarprodukte. Durch die Verpflichtungen im Rahmen des Mercosur kann Rousseff nicht einfach eigene Freihandelsabkommen abschließen. Besonders Venezuela bremst bei dem Thema. "Wir müssen überlegen, ob wir Wege finden, die einigen unterschiedliche Geschwindigkeiten gestatten", sagte Merkel.

Gegenbesuch in zwei Jahren

Die Zusammenarbeit mit Brasilien müsse möglichst breite Füße gestellt werden, sagte Merkel. "Und deshalb glaube ich, dass dieser Besuch gerade wegen der auch angespannten wirtschaftlichen Situation genau zum richtigen Zeitpunkt kommt." Der Gegenbesuch der brasilianischen Regierung soll in zwei Jahren in Berlin stattfinden.

Bei dem Treffen in Brasilia soll es Neuzusagen des Entwicklungsministeriums für Klimaschutz und zum Schutz des Tropenwaldes in Höhe von rund 551 Millionen Euro geben, davon 525 Millionen als Kreditzusagen. Der Löwenanteil von gut 428 Millionen Euro ist für den Bereich erneuerbare Energien gedacht, 123 Millionen Euro sollten dem Tropenwald zu Gute kommen.

Brasilien ist Schlüsselland in der Klimafrage

Die Kanzlerin würdige die Zusammenarbeit im Agrarhandel sowie im Umwelt- und Entwicklungsbereich. Man diskutiere zur Rettung des Tropenwaldes eine Vielzahl von Programmen. Von den Verhandlungen über die Zusammenarbeit zum Klimaschutz erwarte sie "ambitionierte Ergebnisse" aufseiten der Rousseff-Regierung.

Brasilien ist ein Schlüsselland, um im Dezember in Paris den Abschluss eines Weltklimavertrags für über 190 Staaten zu schaffen. Rousseff hofft, dass der Besuch ihr auch innenpolitisch Rückenwind gibt, da sie wegen vieler wirtschaftlicher und politischer Probleme dramatisch an Zustimmung verloren hat.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort