Nahles für Schulz Forderungen nach raschem Wechsel an der SPD-Spitze

Berlin · In der SPD mehren sich die Forderungen nach einem raschen Wechsel an der Parteispitze. Andrea Nahles könnte das Amt schon am Dienstag von Martin Schulz übernehmen.

 Andrea Nahles (Archiv).

Andrea Nahles (Archiv).

Foto: dpa, arn kde cul

Nach SPD-Vizechefin Manuela Schwesig plädierten weitere Spitzenpolitiker dafür, dass Fraktionschefin Andrea Nahles das Amt schnell von Martin Schulz übernimmt. Wenn der Vorstand Nahles als künftige Vorsitzende vorschlage, "ist es sinnvoll, sie jetzt gleich zur kommissarischen Vorsitzenden zu ernennen", sagte der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, unserer Redaktion.

Das SPD-Präsidium befasst sich am Dienstag mit der Frage, wie sich die SPD nach der Rückzugsankündigung von Schulz neu aufstellt. Er hatte nach der Einigung mit der Union auf einen Koalitionsvertrag vorgeschlagen, dass Nahles den Parteivorsitz nach dem SPD-Mitgliedervotum über den Koalitionsvertrag übernimmt. Ursprünglich wollte Schulz in einer Bundesregierung Außenminister werden, rückte davon allerdings wieder ab. Nun wird in der SPD diskutiert, ob Nahles den Parteivorsitz früher als geplant kommissarisch übernimmt.

Der rheinland-pfälzische SPD-Vorsitzende Roger Lewentz sagte dazu am Montag im Südwestrundfunk: "Ich denke, dass es richtig ist, dass klare Verhältnisse geschaffen werden." Es gehe um den Vorschlag für den Vorsitz, über den ein Parteitag abstimmen werde. Zudem müsse geklärt werden, wer die SPD in der Übergangsphase leiten solle. "Andrea Nahles kann das", zeigte sich Lewentz überzeugt.

Stegner spricht von "letzter Mahnung"

Zuvor hatte sich bereits SPD-Vizechefin Schwesig für einen schnellen Wechsel an der Spitze ihrer Partei ausgesprochen. "Ich unterstütze sehr, dass Andrea Nahles zügig den Vorsitz der SPD übernimmt", sagte Schwesig am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen". Es ergebe Sinn, "dass die älteste Partei Deutschlands ein junges und auch ein weibliches Gesicht bekommt".

Parteivize Ralf Stegner äußerte sich zurückhaltender. Er bestätigte am Montag im ZDF-"Morgenmagazin" lediglich, dass die SPD sich am Dienstag in ihren Gremien darüber unterhalten werde, wie der notwendige Übergang gestaltet werde. Stegner mahnte erneut, die Personaldiskussionen zu beenden. Der Rückzug von Schulz müsse als "letzte Mahnung" verstanden werden, "dass es jetzt nicht um Personaldebatten und um Einzelinteressen geht, dass die Disziplinlosigkeiten aufhören".

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil wollte sich ebenfalls nicht dazu äußern, ob der Wechsel an der Parteispitze bereits am Dienstag beschlossen werden könnte. Er stellte sich aber im Norddeutschen Rundfunk zugleich hinter den Vorschlag, Nahles zur Parteichefin zu küren. Wenn die SPD eine Vorsitzende bekomme, die auch Fraktionschefin sei, "dann garantiert das auch, dass die SPD in einer Regierung sichtbar bleibt".

Debatte um Urwahl des Parteivorsitzenden

Der Wechsel an der Parteispitze wurde allerdings wieder im kleinen Kreis ausgeheckt. Deswegen werden die Rufe nach einer Urwahl durch die Mitglieder beim nächsten Mal lauter: "Der Urwahl-Idee kann ich grundsätzlich etwas abgewinnen und bin dafür offen, denn die direkte Beteiligung der Mitglieder schafft Vertrauen", sagte die amtierende Familien- und Arbeitsministerin Katarina Barley unserer Redaktion.

Der SPD-Vizevorsitzende Olaf Scholz trat der Forderung entgegen. "Wir haben ein gutes Verfahren, und das ist, dass auf Parteitagen Vorsitzende bestimmt werden", sagte Hamburgs Regierungschef in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Wir brauchen dringend die Erneuerung der SPD. Und da geht es nicht um Fragen, wie Vorsitzende gewählt werden, sondern insgesamt darum, wie wir uns so aufstellen, dass wir bei Bundestagswahlen über 30 Prozent der Stimmen erreichen können."

Für eine Urwahl müsste ein Parteitag zunächst die Satzung ändern, besonders die Parteilinke macht sich dafür stark. Bisher ist nur eine Mitgliederbefragung möglich, die einen Parteitag nicht bindet - dieses Modell wurde nur 1993 angewandt. Rudolf Scharping setzte sich damals durch, gegen die Parteilinke Heidemarie Wieczorek-Zeul und Gerhard Schröder.

(wer)
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