Streit um FrauenMediaTurm Alice Schwarzer attackiert Ministerin Steffens

Köln · In einem Brief an unsere Redaktion hat Frauenrechtlerin Alice Schwarzer zum Streit um den FrauenMediaTurm Stellung bezogen. Sie wirft den NRW-Ministerinnen Unwissenheit vor.

 In der Kritik: Barbara Steffens.

In der Kritik: Barbara Steffens.

Foto: RP/Christoph Goettert

Die Debatte um die gekürzte Förderung des FrauenMediaTurms (FMT) in Köln geht weiter: Nachdem am Donnerstag die grüne Emanzipationsministerin Barbara Steffens auf Anfrage der RP erklärt hatte, dass eine Unterstützung der klassischen Bibliotheks- und Archivarbeit nicht zu den Aufgaben ihres Ministeriums gehöre, reagierte nun die FMT-Vorstandsvorsitzende, Alice Schwarzer.

In einem Brief an unsere Zeitung schreibt die Frauenrechtlerin: "Die Ministerin für Emanzipation behauptet, im FMT würde ,klassische Bibliotheks- und Archivarbeit' geleistet, die sie nicht fördere. Sie kümmere sich lieber um ,Frauenhäuser, Ausstellungen und Kampagnen'. Dies ist ein erneuter Beleg dafür, dass die Emanzipationsministerin leider keinen blassen Schimmer hat von Inhalt und Funktion dieses feministischen Archivs.

Schon ein Blick auf die Webseite www.frauenmediaturm.de würde ihr zeigen, dass genau diese Probleme — Gewalt gegen Frauen und Kinder, Kampagnen für Gleichberechtigung — zentrale Anliegen des Sammlungsprofils und der Aktivitäten des FMTs sind. Und dass es nicht genügt, passiertes Leid zu lindern, sondern die strukturellen Ursachen dieser Verhältnisse benannt, analysiert — und geändert werden müssen. Genau dazu trägt ein feministisches Archiv wie der FMT bei."

Für Alice Schwarzer, die 1984 die Einrichtung des Archivs im mittelalterlichen Bayenturm initiiert hatte, ist das Spektrum der FMT-Arbeit deutlich größer. Denn neben der Kerntätigkeit hat der FrauenMediaTurm nach ihren Worten "trotz knappester Mittel und Personalausstattung immer wieder Events, Ausstellungen und Kongresse veranstaltet, international wie national; zuletzt einen Kongress über Frauen in den Naturwissenschaften, eröffnet von der Bundeswissenschaftsministerin und verbunden mit einer Fotoausstellung und Buch-Publikation".

Diese Arbeit ist nach Meinung des FMT durch die Kürzung der Fördermittel bedroht: Bereits im vergangenen Jahr strich das Frauenministerium die bisherige Förderung in Höhe von 70 000 Euro; jüngst kündigten Wissenschafts- und Kulturministerium an, ihre bisherigen Förderanteile von jeweils 70 000 Euro zu halbieren. Aus Sicht von Alice Schwarzer könnte das den "Todesstoß" bedeuten.ie Feministin reagierte gestern auch auf den Vorwurf, der FMT habe seine Öffnungszeiten auf nur einen Tag reduziert. Dazu Schwarzer: "Dieser eine Tag in der Woche aber war nur eine vorübergehende Einschränkung, bedingt durch die Kürzung der Förderung. Danach musste die Dokumentarin, eine von drei Mitarbeiterinnen, entlassen werden. Diese wieder aufgehobene Einschränkung der Vor-Ort-Nutzung ist also eine Folge der Kürzung, nicht ihre Ursache. Zudem: Der FMT ist online (www.frauenmediaturm.de), in der Verbunddatenbank des Hochschulbibliothekszentrums (www.hbz-nrw.de) Tag und Nacht recherchierbar, inklusive Fernleihe."

Auf Anfrage der RP hatte Ministerin Barbara Steffens betont, dass es zwischen ihr und Alice Schwarzer keinerlei Animositäten gebe und ihre "Tür für Gespräche mit Frau Schwarzer nicht verschlossen" sei. "Wenn sie ein Gespräch gewollt hätte, hätte ich selbstverständlich mit ihr geredet", sagte Barbara Steffens. Die Frauenrechtlerin aber habe erklärt, sie wolle die Angelegenheit mit dem FMT jetzt mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) regeln.

Auch diesen Vorgang zweifelt Alice Schwarzer in ihrem Brief grundsätzlich an: "Aus dem Steffens-Ministerium habe ich zwei Briefe erhalten. Der erste reagierte auf mein Schreiben vom Vortag an alle drei Ministerinnen. Darin hatte ich nachgefragt, ob das Gerücht stimme, dass die Förderung gestrichen wird. Gleichzeitig hatte ich alle Ministerinnen in den Turm eingeladen, damit sie sich selber ein Bild machen können.

Am 18. März 2011 ließ mir die Ministerin für Emanzipation durch eine Mitarbeiterin in lapidaren sechs Zeilen mitteilen: Ja, die Förderung sei gestrichen worden, und dabei würde es auch bleiben. Auf meine Einladung in den Turm hat sie nicht reagiert. Also wandte ich mich an die Ministerpräsidentin. Die leitete mein Schreiben an Ministerin Steffens weiter, die darauf antwortete. In diesem einzigen Brief, den ich je von der Ministerin erhielt, bestätigte sie die Streichung, die aus ,Gründen der Haushaltskonsolidierung' stattgefunden habe. Was nicht der Wahrheit entsprach."

Gestern hat Alice Schwarzer nach eigenen Worten "trotz alledem erneut" den Kontakt zu den Ministerien gesucht und "sowohl die Ministerpräsidentin als auch ihre drei Ministerinnen für Emanzipation, Kultur und Wissenschaft dringlich in den FrauenMediaTurm eingeladen. Denn der Verdacht erhärtet sich, dass die Verantwortlichen gar nicht wissen, was der FrauenMediaTurm überhaupt ist. Nur ein einziger Besuch könnte allen die Augen öffnen."

(csi)
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