AfD-Treffen mit Zentralrat der Muslime Rotes (Kopf-)Tuch

Berlin · Ein Gespräch zwischen Vertretern des Zentralrats der Muslime und der Alternative für Deutschland endet in einem Eklat. Man sei "nicht auf Augenhöhe", sagte AfD-Chefin Frauke Petry.

Treffen zwischen AfD und Muslimen abgebrochen
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Das ungute Ende dieses Gesprächs scheint schon in der ersten Minute durch ein Stück Stoff vorgezeichnet zu sein. Denn gegenüber von Frauke Petry, der Chefin der Partei Alternative für Deutschland (AfD), hat an diesem Montagmorgen in einem Konferenzsaal des Berliner Regent-Hotels die Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Nurhan Soykan, Platz genommen. Sie trägt ein rotes Kopftuch.

Petry hatte unmittelbar vor diesem Gespräch, zu dem der Zentralrat die AfD-Spitze eingeladen hatte, erklärt, sie habe mit dem Kopftuch ein Problem, weil es ein "Unterdrückungssymbol" zulasten muslimischer Frauen sei. Petry und Soykan also sitzen sich gegenüber, die eine im blauen T-Shirt, die andere mit rotem Kopftuch, und merken spätestens nach 25 Minuten, dass in diesem Gespräch keinerlei Bewegung zu erwarten sein wird.

Beide Seiten konfrontieren einander mit ihren Positionen; beide verlangen, der jeweils andere müsse von seiner Einstellung ablassen. Nach einer knappen Stunde endet die Begegnung im Eklat: Petry und ihre beiden Begleiter, Niedersachsens AfD-Chef Armin-Paul Hampel und Parteivize Albrecht Glaser, brechen das Gespräch ab.

ZMD-Chef Aiman Mazyek habe die AfD in die Nähe des "Dritten Reiches" gerückt, sagt Petry hinterher. Das sei inakzeptabel, deshalb habe man das Gespräch abgebrochen. Dieser Nazi-Vergleich "berührt uns", empört sich Petry. Hampel ergänzt, man weise "mit aller Schärfe" zurück, dass "eine Partei wie die AfD" mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werde.

Nazi-Vergleiche sind in Deutschland immer das schärfste Geschütz, das gewissermaßen röteste aller roten Tücher. Allerdings hatte Mazyek den Satz, auf den sich die AfD bezieht, schon vor mehr als vier Wochen, kurz vor der Verabschiedung des Parteiprogramms der AfD, gesagt. Anfang Mai hatte die Partei beschlossen, dass der Islam für sie nicht zu Deutschland gehöre und dass zahlreiche zur muslimischen Kultur gehörende Verhaltensweisen verboten werden sollen. Als diese Pläne bekannt wurden, hatte Mazyek gesagt, erstmals seit der Nazi-Herrschaft gebe es in Deutschland eine Partei, "die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht".

Während das AfD-Trio im Foyer des Hotels vor den Mikrofonen und Kameras steht, sammelt sich eine kleinere Schar Reporter einen Stock höher um Mazyek und Soykan. Der ZMD-Chef sagt, die AfD habe klargemacht, "dass man den Weg des Populismus und der Diffamierung und auch vor allem der Vorurteile weitergehen will". Die AfD-Vertreter hätten sich geweigert, Passagen aus ihrem Parteiprogramm zu streichen, die sich gegen die Muslime und die von der Verfassung garantierte Religionsfreiheit richteten. Dazu gehöre etwa die Einmischung in die Frage, wie Moscheen in Deutschland gebaut werden sollten. Dies alles erinnere ihn "an die dunkelste Zeit unserer Geschichte". Soykan sagt nur: "Ich habe Angst um Deutschland."

Die AfD-Vertreter finden es frech, dass der Vertreter der Muslime sie auffordert, Überzeugungen zurückzunehmen, die gegen seine Religionsgemeinschaft gerichtet sind. "Man hat von uns verlangt, ein demokratisch beschlossenes Parteiprogramm zurückzunehmen", sagt Petry. Das sei eine "totalitäre Frage", empört sie sich. Niemand außer den Muslimen behaupte, das AfD-Programm sei verfassungswidrig, meint Hampel. Die Vereinnahmung des Grundgesetzes durch den ZMD geht den AfD-Vertretern ohnehin gegen den Strich. "Wir haben es mit einer Glaubensgemeinschaft zu tun, nicht mit einem juristischen Fachzirkel", sagt Glaser.

Petry berichtet, sie habe versucht, mit dem Zentralrat über den Islam und die Scharia zu sprechen, aber er habe sich konkreten Fragen verweigert. Sie habe etwa gefragt, warum ein Kind von Muslimen nicht frei wählen dürfe, welche Religion es annehmen wolle. Hampel sagt, es sei absurd, wenn der ZMD der AfD vorwerfe, sie sei gegen Freiheitsrechte der Frauen, weil sie das Kopftuch problematisiere. Das Gegenteil sei der Fall: der Islam stehe für die Unterdrückung der Frau. Demnächst werde man auch noch das Tragen der Burka als Freiheitsrecht verkaufen, spottet Hampel.

Der ZMD vertrete nur einen kleinen Teil der Muslime, die AfD dagegen bereits 15 Prozent der Bevölkerung, sagt Petry. Man sei also "nicht auf Augenhöhe". Wenn Mazyek diese herstelle, könne man eventuell wieder reden. Mazyek ist da offener. Er bleibt optimistisch, was eine spätere Verständigung anbelangt: "Wir werden mit den Gemäßigten in der AfD weiter reden. Wir bleiben gesprächsbereit."

(mar/may-)
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