Tumult bei Pressekonferenz Merkel sichert Ägypten Unterstützung zu

Berlin · Kritik an der Todesstrafe, aber vor allem Unterstützung für den Stabilitätsanker in der Region: Das war die Botschaft der Kanzlerin für den ägyptischen Präsidenten Al-Sisi. Die Wirtschaft hofft auf Milliardendeals.

Angela Merkel und Abdel Fattah al-Sisi: Pressekonferenz endet im Tumult
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Eklat bei Pressekonferenz von Merkel und Al-Sisi

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die strategische Bedeutung Ägyptens für den Frieden im Nahen Osten und für den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus hervorgehoben. Nach einem Gespräch mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi am Mittwoch in Berlin sicherte Merkel Ägypten Unterstützung zu. Deutschland werde alles tun, damit sich das Land stabilisieren und wirtschaftlich florieren könne. Die Kanzlerin kritisierte aber auch die hohe Zahl von Todesurteilen in Ägypten. "Deutschland lehnt die Todesstrafe ab", sagte sie.

Tumult am Ende der Pressekonferenz

Al-Sisis Regime ist wegen zahlreicher Menschenrechtsverletzungen und Einschränkungen der Bürgerrechte umstritten. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Merkel und Al-Sisi im Kanzleramt kam es zu Tumulten. Eine Gegnerin des Präsidenten bat nach Ende der Pressekonferenz lautstark darum, eine Frage stellen zu können. Als diese nicht mehr zugelassen wurde, schrie sie, Al-Sisi sei ein Mörder. Die ägyptische Presse-Delegation schrie im Chor zurück: "Es lebe Ägypten, es lebe Ägypten." Dabei deuteten die ägyptischen Medienvertreter wütend auf die Frau, die abgeführt wurde.

Merkel betonte, gerade in der Koalition gegen den internationalen Terrorismus sei die Stabilität der einzelnen Länder besonders wichtig. "Deshalb ist die Entwicklungszusammenarbeit mit Ägypten sowie die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit von allergrößter Bedeutung." Dafür müssten Genehmigungsverfahren vereinfacht und verlässliche juristische Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Al-Sisi weist Kritik an Todesstrafe zurück

Al-Sisi wies Kritik an der Todesstrafe zurück und forderte Deutschland und die Europäer auf, das ägyptische Rechtssystem zu respektieren. Ägypten sei ein Verfassungsstaat. "Wir respektieren die Justiz", sagte er. Viele der verhängten Todesurteile seien noch nicht rechtskräftig. Das gelte auch im Fall des Ex-Präsidenten Mohammed Mursi.

Auf Kritik Merkels an den Einschränkungen der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo erwiderte Al-Sisi, ausländische politische Stiftungen könnten ihre Tätigkeit fortsetzen. Ägypten sei auf einem guten Weg zu mehr Stabilität: "Auch wir lieben die Demokratie und die Freiheit." Aber niemand wolle Zustände wie in Syrien, Jemen, Libyen oder im Irak. "Das können wir nicht zulassen."

Besuch wird Donnerstag fortgesetzt

Zum Auftakt seines Besuchs wurde Al-Sisi von Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren begrüßt. Ebenso wie Merkel hob Gauck in einem Gespräch mit Al-Sisi die Bedeutung der Rechtssicherheit hervor.
Mit Bezug auf Einschränkungen der Bürgerrechte sagte er nach Angaben von Teilnehmern, dies belastete das freundschaftliche Miteinander. Al-Sisi sicherte Gauck zu, Parlamentswahlen in diesem Jahr anzustreben.

Bei seinem zweitägigen Besuch wird Al-Sisi von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Zusammen mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wollte er an einer Sitzung der Deutsch- Ägyptischen Wirtschaftskommission teilnehmen. Dabei stand die Unterzeichnung mehrerer Abkommen auf dem Programm, darunter ein Milliarden-Deal mit Siemens zum Bau eines Kraftwerksparks in Ägypten. Nach seinem Aufenthalt reist er für zwei Tage nach Ungarn.

Seit seiner Wahl vor einem Jahr regiert der 60-Jährige ohne Parlament. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der ein zunächst geplantes Treffen mit Al-Sisi abgesagt hat, äußerte sich enttäuscht über die Entwicklung in Ägypten. Statt einer Perspektive in Richtung Wahlen gebe es eine systematische Verfolgung oppositioneller Gruppen mit Massenverhaftungen und einer unfassbaren Anzahl von Todesurteilen, sagte Lammert der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

(dpa)
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