Der Zeitung zum 70. Geburtstag

Schreiben, was ist. Zeigen, was ist. Das klingt als Anspruch an eine Tageszeitung bescheiden, und doch beschreibt es unseren journalistischen Auftrag ziemlich gut. Das ist heute nicht anders als vor 70 Jahren, als am 2. März 1946 die Rheinische Post erstmals erschien.

Als "Abbild der Zeit" verstanden die Gründer, der Publizist Anton Betz, der damalige Düsseldorfer Oberbürgermeister und spätere NRW-Ministerpräsident Karl Arnold und der Jurist Erich Wenderoth, die Zeitung. Die Rheinische Post, bis heute herausgegeben von den Nachfahren der Gründerfamilien, sollte nicht nur Garant für hochwertigen Journalismus sein, ein Nachrichten- und Wissensvermittler also, sondern auch Vorkämpfer für Menschen- und Freiheitsrechte. Die Zeitung als "Forum für Brüderlichkeit", hatte Karl Arnold in einem Essay in der Erstausgabe geschrieben. Das gilt bis heute, etwa in der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise.

Der Blick zurück, dafür eignen sich Jubiläen ja besonders, schärft die Identität. Das ist vielleicht auch notwendig. Denn das Misstrauen gegenüber den Medien ist so groß wie nie, die Unsicherheit im Land spürbar.

Eine Zeitung, an den christlichen Werten orientiert, in das demokratische Miteinander verliebt und am Fortschritt der Gesellschaft interessiert. Dazu ein Bekenntnis zur Region, die Heimat ist. Das war die Idee 1946. Und sie ist auch heute aktuell. Nur haben sich die Rahmenbedingungen gravierend verändert. Was vor 70 Jahren in der Kargheit der Nachkriegszeit begann - die Ausgabe bestand aus vier Seiten - , ist heute häufig ein 40-Seiten-Werk, das digital seine Fortsetzung findet.

Schreiben, was ist. Zeigen, was ist. In einer komplexen, schnellen, digital getriebenen Welt ist das ein guter Wegweiser. Es ist schwieriger geworden, sich ein Bild von der Welt zu machen. Die Einordnung, die Recherche, die Reflexion, was warum wichtig ist oder wird, ist deshalb tägliches Geschäft. Es gelingt mal mehr, mal weniger. Die Leidenschaft aber, diesem Auftrag unserer Gründer zu folgen, ist ungebrochen.

Es gibt bekanntlich immer mindestens zwei Sichtweisen auf einen Sachverhalt. Die Flüchtlingsdebatte zeigt dies. Entscheidend ist, dass die Berichterstattung alle Argumente zulässt und nichts auslässt.

Vielleicht entsteht ein realistisches Bild von der Wirklichkeit aber erst aus der Summe der Wahrnehmungen. Dazu gehörten und gehören für uns immer die Weltsichten der Künstler.

Zum 70. Geburtstag haben wir den Blick ausnahmsweise auf uns selbst richten lassen - mit den Augen einer weltweit angesehenen, in Düsseldorf ausgebildeten Fotografin: Candida Höfer.

(brö)
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