Der Papst als Politiker

Jeder Papst bekleidet ein doppeltes Amt: Er ist Kirchenoberhaupt und Staatschef, Seelsorger und Politiker zugleich. Zwei Rollen, die schnell in Konflikt geraten können. Das erfährt gerade auch Papst Franziskus. Offenbar ist der Vatikan drauf und dran, sein Verhältnis zu China zu normalisieren. Bisher haben beide Staaten keine diplomatischen Beziehungen, was vor allem am Streit darüber liegt, wer in China katholische Bischöfe ernennen darf: die Regierung in Peking oder der Vatikan. Dies hat zu einer Spaltung geführt - die Hälfte der rund zwölf Millionen Katholiken in China gehört einer vatikantreuen Untergrundkirche an, die sich neuerdings wieder stärkerer Verfolgung ausgesetzt sieht.

Dass man in Rom die Einheit der Kirche wieder herstellen will, ist verständlich. Aber der Preis dafür ist hoch. Viele chinesische Christen werden einen Deal als Kniefall, ja als Verrat des Vatikans empfinden. Jedenfalls sollte man sich in Rom über die Risiken im Klaren sein, wenn man einer Ausdehnung der staatlichen Kontrolle über den katholischen Glauben in China zustimmt. Denn darum handelt es sich.

(RP)
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