Belek Der Gipfel der Mächtigsten

Belek · Angela Merkel reist so geschwächt wie nie zum G 20-Treffen, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan treten mit geschwellter Brust an.

Die Mächtigsten der Mächtigen, die sich ab morgen zum G 20-Gipfel in Belek bei Antalya in der Türkei treffen, vertreten so unterschiedliche Positionen, dass eine Einigung schwer fallen dürfte.

Wladimir Putin Für den russischen Präsidenten, gerade vom "Forbes"-Magazin im dritten Jahr in Folge zum mächtigsten Mann der Welt gewählt, soll der Gipfel die große Revanche für das letzte G 20-Treffen werden. 2014 wurde Putin in Brisbane wegen der Annexion der Krim von den übrigen Staatschefs geschnitten, diesmal steht er wegen der Intervention in Syrien unweigerlich im Mittelpunkt. Russland wirft in Syrien Bomben und sucht zugleich Verbündete für eine politische Lösung, die Syriens Machthaber Baschar al Assad den Hals rettet. Beim Thema Ukraine will sich Putin um keinen Millimeter bewegen und über Wirtschaft wenig reden: Russland mit seinen Weltmacht-Ambitionen steckt tief in der Krise und liegt nur noch auf Platz zehn unter den Volkswirtschaften.

Xi Jinping Chinas Präsident sitzt zu Hause fest im Sattel und will nun auch international eine größere Rolle spielen. Xi hat angedeutet, dass China als Sicherheitsratsmitglied diplomatisch aktiver werden könnte, um in Syrien eine Lösung zu finden. Allerdings steht China selbst unter Beobachtung wegen seiner aggressiven Politik im Südchinesischen Meer. Am wichtigsten aber wie immer: die Wirtschaft. Chinas Exportmaschine hat nun schon mehrere Quartale in Folge an Schwung verloren, die Bauindustrie steckt in der Krise, die Finanzmärkte bleiben fragil, die Staatsverschuldung wächst. Xi, der 2016 Gastgeber für die G 20 ist, wird erneut seine Seidenstraßen-Initiative bewerben, um für Konjunkturimpulse zu sorgen.

Recep Tayyip Erdogan Der türkische Staatspräsident und Gastgeber war aufgrund seines harten Vorgehens gegen Kritiker und seines Kriegs gegen die Kurden noch vor Kurzem weitgehend isoliert. Nun wird er aber wegen der Flüchtlingskrise von der EU hofiert. Erdogan, dessen islamisch-konservative AKP soeben die absolute Mehrheit im Parlament zurückerobert hat, will ein Präsidialsystem einführen, um noch mehr Macht zu bekommen. Die ist freilich nicht ungefährdet, denn der türkische Wirtschaftsboom, der Erdogan viele Stimmen brachte, ist vorbei. Jetzt drücken steigende Inflationsraten und Verschuldung. Aber Erdogan wird unverdrossen seine kraftstrotzende und selbstbewusste "neue Türkei" in den Vordergrund stellen.

Angela Merkel Die Bundeskanzlerin ist für "Forbes" seit zehn Jahren die "mächtigste Frau des Planeten". Doch zum Gipfel fährt sie so geschwächt wie kaum zuvor. Ihr Land ächzt unter der Last der Flüchtlingskrise. Von den meisten EU-Partnern wird Deutschland im Stich gelassen, der Widerstand in der CDU/CSU gegen die Kanzlerin wächst, ihre Umfragewerte sinken. Merkel muss beim Gipfel am meisten auf Fortschritte in der Syrien-Frage hoffen.

Barack Obama Der US-Präsident steht zwar noch immer im Zentrum des Geschehens, aber nicht mehr allein. Er wird zur Lösung der Weltkrisen wenig im Gepäck mitführen, sich aber für den Klimaschutz starkmachen. Obama ist nur noch kurz im Amt, aber wegen jüngster Erfolge, zum Beispiel beim Handelsabkommen TPP mit Ländern wie Australien, Japan und Malaysia, noch keine "lame duck" ("lahme Ente").

Shinzo Abe Japans Ministerpräsident kämpft weiter mit einer lahmenden Wirtschaft. Deswegen wird die Verbesserung von Handelsbeziehungen vor allem mit Pazifik-Anrainern ganz oben auf seiner Agenda stehen. Auch der Inselstreit im Südchinesischen Meer dürfte eine Rolle spielen. Außerdem will Abe sich am Rand des Gipfels mit Putin treffen. Denn Japan möchte endlich einen Friedensvertrag mit Moskau abschließen. Der Zweite Weltkrieg ist zwischen Japan und der damaligen Sowjetunion nie offiziell beendet worden.

Malcolm Turnbull Australiens neuer Premier wird in Antalya erheblich konzilianter auftreten als sein konservativer Vorgänger Tony Abbott. Etwa beim Thema Flüchtlinge: Zwar wird Australien nicht radikal brechen mit seiner strikten Einwanderungspolitik, wobei Illegale mit ihren Booten kurzerhand zurück aufs Meer geschleppt werden. Aber Australien nimmt immerhin nun einige Tausend Syrer auf.

(RP)
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