Dharamsala Der "Ozean der Weisheit" wird 80

Dharamsala · Der Dalai Lama wird weltweit geachtet. Doch die Tibet-Frage bleibt ungelöst.

Er machte den Buddhismus zur Weltmarke, erhielt den Friedensnobelpreis und stieg im Westen zu einer Art religiösem Rockstar auf. Schauspieler wie Richard Gere und Steven Seagal bewundern ihn, sein Volk verehrt ihn wie einen Gottkönig: Heute wird Tenzin Gyatso, seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama, 80 Jahre alt.

Das Alter geht auch am "Ozean der Weisheit", was "Dalai Lama" frei übersetzt bedeutet, nicht spurlos vorüber. Seit er sich aus dem politischen Leben weitgehend zurückzog, ist es stiller um ihn geworden. Doch noch immer fliegt der Mönch mit dem glucksenden Lachen um die Welt, um den Menschen den Buddhismus näherzubringen. Laut einer Umfrage von 2013 gehört er neben US-Präsident Barack Obama und Papst Franziskus zu den populärsten Führungsfiguren der Welt.

Als er gerade zwei Jahre alt war, erkannten Mönche in ihm die Wiedergeburt des 1933 verstorbenen 13. Dalai Lama, des religiösen Oberhaupts der Tibeter. Mit vier wurde er inthronisiert, mit 15 übernahm er 1950 die politische Führung seines Volkes. Fast zeitgleich begann China, Tibet unter seine Kontrolle zu bringen. Als 1959 ein Aufstand der Tibeter gegen die Chinesen scheiterte, floh der 23-Jährige nach Indien, das ihm zum Zorn Chinas bis heute Asyl gewährt.

Gegenüber China plädiert der Dalai Lama für den "dritten Weg": Er strebt nicht die Unabhängigkeit an, weil er das für nicht realistisch hält, sondern dringt auf Autonomie innerhalb Chinas. Doch Peking stellt sich quer und beschimpft den Dalai Lama als "Wolf im Schafspelz". Und die Zeit arbeitet für China - die Welt gewöhnt sich an den Status quo.

2011 gab der Dalai Lama seine weltliche "Macht" symbolisch an einen gewählten Ministerpräsidenten ab. Die religiöse Dimension des Amtes bleibt vorerst erhalten. Wo er als 15. Dalai Lama wiedergeboren werden wird, dazu hat er sich (denn es handelt sich qua Lehre um eine willentliche Weitergabe) bereits grob festgelegt: außerhalb des besetzten Tibet, dem Zugriff und der Manipulation Chinas entzogen. Auch wenn die Suche der Lama-Mönche damit noch länger dauern dürfte als sonst -eine Verstetigung des Konflikts wäre so programmiert.

(RP/kna)
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