Düsseldorf Claudia Roth: "Privat bin ich furchtbar verletzlich"

Düsseldorf · Die Urwahl der Grünen ist für Claudia Roth zum persönlichen Debakel geworden. Nachdem die Grünen-Chefin im sozialen Netzwerk "Facebook" den Gewinnern der Urwahl, Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt gratulierte und hinterherschickte "Das ist Demokratie!", begann auf ihrem Profil eine rege Diskussion. Während ihre "Freunde" die 57-Jährige dazu aufmunterten, auch künftig in der ersten Reihe der Partei weiterzumachen, bekräftigten wiederum andere Facebook-User Roth, doch lieber das Feld zu räumen.

Polarisiert hat die langjährige Grünen-Chefin schon immer. Ihr Politik-Stil ist von Emotionen und Hingabe geprägt. Gegen den politischen Gegner wettert sie im Angriffsstil. Mit ihrer Mischung aus kämpferischen Schlagworten und oft farbenfrohem Outfit zieht sie aber auch immer wieder Spott auf sich. "Privat bin ich furchtbar verletzlich", gestand Claudia Roth nun der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie gab im Interview Einblicke in die Kehrseiten als Spitzenpolitikerin. "Einsamkeit ist in dem Job schon ein Thema. Man ist eine vollkommen öffentliche Person, geht abends ins Hotelzimmer, und dann wird es plötzlich leer."

Roths Eltern galten – als linksliberale FDP-Anhänger – im tiefschwarzen Bayern als "linksradikal", erinnert sich Roth. "Vor allem um '68 herum gab es bei uns immer viele Diskussionen." Auch sie selbst stand zeitweise der FDP-Jugendorganisation nahe. Roth wurde nach dem Studium der Theaterwissenschaften in München zuerst Theaterdramaturgin, dann Managerin der linken Rock-Band "Ton, Steine, Scherben".

1985 kam sie als Pressesprecherin zur Grünen-Bundestagsfraktion. Vier Jahre später wurde sie ins Europa-Parlament gewählt und blieb zwei Legislaturperioden. 1998 wechselte Claudia Roth dann in den Bundestag. Schon 2001 wurde sie an die Parteispitze gewählt. Den Vorsitz verlor sie vorübergehend wegen der damals geltenden Unvereinbarkeit von Amt und Mandat Ende 2002. Zwei Jahre später rückte sie wieder an die Spitze. Demokratie, Menschenrechte und Flüchtlinge zählen zu ihren Hauptthemen. Ihre politische Ausrichtung ist international, so dass sie Verhältnisse und Ansprechpartner etwa in der Türkei, im Irak oder Tunesien gut kennt. Doch Roth fühlt sich nicht nur in der Politik wohl, sondern auch in der Kultur- und Fußballszene.

Besonders bitter für Roth: Die Mitgliederbefragung bei den Grünen hat sie mit angestoßen: Noch im März sagte sie, dass es mit ihr keinen im Hinterzimmer ausgekungelten Alleinkandidat Jürgen Trittin gebe. Jetzt hat ihr die Urwahl mit nur 26 Prozent eine der erschütterndsten Niederlagen ihrer Karriere beschert.

(evo)
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