Berlin CDU will ihre Mitglieder gegen Internet-Trolle fit machen

Berlin · Der Generalsekretär der Christdemokraten testet neue Formate für die Kommunikation der Partei nach innen und nach außen.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich eine Stunde Zeit genommen für das eigene TV-Format in seiner Parteizentrale. In einem kleinen Studio im Adenauerhaus lässt er sich zu seinen Fachthemen interviewen. Rund 100 bis 150 CDU-Mitglieder klinken sich bei diesem Format üblicherweise ein und können dem Fachpolitiker Fragen stellen. Bei Gröhe melden sich Ärzte, Apotheker und Unternehmer zu Wort. Ein Arzt, der sich aus seiner Praxis zugeschaltet hat, beklagt sich, wegen zu vieler Patienten könne er nicht in den Urlaub fahren. Ein anderer Klinik-Mediziner bemängelt, seine Pflegekräfte seien erschöpft und benötigten mehr Unterstützung.

"Die neuen Kommunikationsformen helfen auch dabei, die Stimmung in der Partei aufzunehmen", sagt CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der sich das Format ausgedacht hat. So gebe es beispielsweise auch bei den Mitgliedern viele Nachfragen und so "manche kritische Stimme" zum Freihandelsabkommen TTIP. Eine weitere große Frage in der Mitgliedschaft sei, was die CDU tue, damit sich eine Flüchtlingsbewegung wie 2015 nicht wiederhole. "Die neuen Formate werden angenommen, aber wir haben noch Luft nach oben", räumt der Generalsekretär ein.

Bislang sind nur 40 Prozent der CDU-Mitglieder per E-Mail für die Parteizentrale erreichbar. Das Problem sei, dass die CDU von Mitgliedern, die in den 80er Jahren eingetreten seien, oft die E-Mail-Adresse nicht in ihrer zentralen Datenbank habe. "Hier haben wir noch eine offene Baustelle", sagt Tauber.

Der Generalsekretär selbst ist ein eifriger Nutzer des Nachrichtendienstes Twitter, auf dem ihm 100.000 Nutzer folgen. "Das ist ganz ordentlich, aber verglichen mit Youtubern oder Sportlern natürlich gering", meint der 42-Jährige.

Für den Bundestagswahlkampf plant der Generalsekretär einen Mix aus traditioneller Kommunikation wie Wahlplakate und Präsenz der CDU in sozialen Netzwerken. So wie Ehrenamtliche traditionell die Plakate für ihre Partei kleben, werden es auch die Ehrenamtlichen sein, die die Partei im Netz vertreten und bewerben müssen. Tauber sieht da Schulungsbedarf. "Wir haben Leitfäden für die Nutzung sozialer Medien erstellt." Er achte darauf, dass die Mitglieder, Kandidaten und ehrenamtlichen Wahlkampfhelfer Handwerkszeug für die sozialen Netzwerke bekämen. "Sie sollen wissen, wie sie auf Provokationen reagieren, was man teilt und wie man seine Botschaften verbreitet. Denn Trolle, die nur provozieren wollen, sind dort besonders laut - und da muss man dagegen halten", findet Tauber. Im internen Mitgliedernetzwerk hat die CDU Argumentationshilfen hinterlegt, wie man die Linie der Partei geschickt vertritt. Tauber betont: "Da wollen wir unsere Mitglieder fit machen."

Präsenz in den sozialen Netzwerken hält Tauber für die Bundestagskandidaten für unerlässlich. Sie sollten zumindest vor Ort in ihrem Umfeld die Menschen auch über die sozialen Netzwerke erreichen. "Damit müssen sie rechtzeitig beginnen, denn Reichweite muss man aufbauen." Die Kanzlerin sei mit ihren zwei Millionen Facebook-Anhängern "ein Pfund für unsere Kommunikation".

(qua)
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