Berlin CDU und CSU verlangen voneinander Einlenken

Berlin · Der Streit der Schwesterparteien um den Kampf gegen die AfD hält auch nach dem Treffen von Angela Merkel und Horst Seehofer an.

Nach den heftigen Reaktionen auf seine These zur Beliebtheit von Nationalspieler Jérôme Boateng hat AfD-Vize Alexander Gauland eingeräumt, dass das umstrittene Zitat bei einem Gespräch mit FAZ-Journalisten gefallen sein mag. Dabei handelte es sich um die Einschätzung: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben." Diese Sätze seien jedoch "nicht zur Veröffentlichung bestimmt" gewesen, schrieb Gauland in einer Rundmail an die AfD-Mitglieder. Gleichzeitig erläuterte er, es sei ihm "nur um eine Beschreibung von Gefühlen" gegangen, die "überall in unserer Nachbarschaft" wahrgenommen würden und die sich nicht dadurch verminderten, "dass wir sie heuchlerisch nicht zur Kenntnis nehmen". Gauland erläuterte, in dem Gespräch mit den Journalisten sei es um den "ungebremsten Zustrom kulturfremder Menschen nach Deutschland" gegangen.

Die AfD-Europapolitikerin Beatrix von Storch griff das Thema Fußball-Europameisterschaft auf und warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, die Nationalstaaten abschaffen und in der EU auflösen zu wollen. In der Folge werde es deshalb auch keine Fußball-EM mehr geben, sondern "nur noch EU-Bundesliga".

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte seine Partei auf, künftig nicht mehr auf jede AfD-Provokation zu reagieren. Genau das sei das Kalkül der AfD. "Das sind Reaktionäre, die jede Gelegenheit nutzen, alles zu delegitimieren, was die Gesellschaft zusammenhält", sagte der Vizekanzler nach Teilnehmerangaben in einer SPD-Fraktionssitzung.

Unterdessen hat sich der heftige Streit zwischen CDU und CSU über den richtigen Kurs im Kampf gegen die AfD und zur Bewältigung der Flüchtlingskrise fortgesetzt. Während Unionsfraktionschef Volker Kauder die Schwesterparteien zur Geschlossenheit aufrief, betonte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, die CDU müsse sich bewegen. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer kritisierte das Dauerfeuer der CSU: "Ich bin der festen Überzeugung, dass diese fast wöchentliche Kritik aus München der Union insgesamt schadet", sagte der CDU-Politiker.

Im Kern des Konflikts zwischen CDU und CSU stehen die Parteichefs Kanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, deren Verhältnis als zerrüttet gilt. Sie kamen gestern am späten Nachmittag bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder zur Energiewende zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. Neben etlichen fachpolitischen Fragen stritten sie in den vergangenen Tagen auch um Ort und Zielsetzung eines für den 24. und 25. Juni geplanten Treffens der Spitzen von CDU und CSU. Selbst Formalitäten wachsen sich inzwischen zu Machtfragen zwischen den Parteichefs aus.

(may-/qua)
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