Berlin Bundesregierung verschärft den Ton in der Flüchtlingspolitik

Berlin · War es das mit der Willkommens-Semantik? Führende Politiker von Union und SPD haben in den letzten Tagen die Tonlage deutlich verändert: Die Bundeskanzlerin betont die Rückkehrpflicht auch nach Syrien, der Kanzleramtsminister verhandelt die Abschiebung straffälliger Flüchtlinge auch in Drittstaaten, und der Innenminister warnt in Afghanistan vor falschen Vorstellungen von Deutschland.

Und nun hat selbst Sozial- und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) angekündigt, Flüchtlingen nicht bedingungslos helfen zu wollen. "Wer einen Neustart in Deutschland will, der muss sein ganzes Können, seine Arbeitskraft und sein eigenes Vermögen einbringen", erklärte Nahles, die dem linken SPD-Spektrum angehört. Es gebe zudem "keinen Anspruch auf leistungslose Unterstützung".

Dazu machte die Ministerin den Vorschlag eines Integrationsfördergesetzes und sagte, "wer sich nicht integrieren will, dem werden wir auch die Leistungen kürzen." Aus ihrer Sicht solle etwa die Unterstützung an die Teilnahme an Sprachkursen geknüpft werden, insgesamt müsse das Prinzip von Fördern und Fordern wie bei den Hartz IV-Gesetzen gelten. Nahles bekam dafür viel Lob vom Koalitionspartner Union.

Wenn bei solchen Tönen aber selbst der linke SPD-Parteiflügel applaudiert, zeigt das, wie viel härter sich die Sozialdemokraten mittlerweile insgesamt in der Flüchtlingspolitik positioniert haben. So sagte Niels Annen, Vize-Chef der Parlamentarischen Linken der SPD, unserer Redaktion: "Im Gegensatz zu Minister Thomas de Maizière hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles konkrete Schritte zur Integration von Flüchtlingen angekündigt." Er halte Leistungskürzungen für Flüchtlinge für plausibel, wenn sie beispielsweise die Teilnahme an angebotenen Sprachkursen verweigern.

Zuvor hatte CDU-Chefin Angela Merkel bei einer Parteiveranstaltung klargestellt, dass "nahezu keiner" der zu uns Kommenden einen Asylanspruch bekomme. Üblich sei lediglich ein auf drei Jahre befristetes Bleiberecht als Flüchtling. Mit diesem nur "temporären" Aufenthaltsstatus sei die Erwartung an die Flüchtlinge verbunden, "dass Ihr auch wieder mit dem Wissen, das Ihr bei uns erworben habt, in Eure Heimat zurückgeht". Konkret gelte dies, wenn wieder Frieden in Syrien herrsche und der IS im Irak besiegt sei. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, ähnlich habe sich die Kanzlerin auch schon in der Vergangenheit ausgedrückt.

Gleichzeitig sorgte der Vorstoß Berlins, straffällige Flüchtlinge auch in Drittstaaten abzuschieben, für Skepsis bei den zuständigen Ländern. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte, das sei nicht ganz durchdacht. Schließlich werde sich die Begeisterung der Staaten in Grenzen halten.

(RP)
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