Leipzig/Berlin Bundesregierung kritisiert Sachsen

Leipzig/Berlin · Der Suizid des mutmaßlichen Terroristen al Bakr hätte verhindert werden müssen.

Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al Bakr in einem Leipziger Gefängnis hat der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Fehler eingeräumt. "Der Umgang mit dem des Terrorismus bezichtigten Häftling ist nicht in dem Maße erfolgt, wie es notwendig gewesen ist", bekannte Tillich vor Journalisten in Berlin. Im Bundesrat sagte er: "Der Suizid hätte verhindert werden müssen, in jedem Fall." Er sei offen für eine unabhängige Untersuchungskommission, eine Ablösung seines Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) lehnte er ab.

Die Bundesregierung hatte den sächsischen Justizbehörden schwere Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Suizid des Terrorverdächtigen gemacht. Wenn es in einer Justizvollzugsanstalt zu einem Selbstmord komme, "dann ist etwas schiefgelaufen, dann sind Warnzeichen nicht frühzeitig erkannt worden, dann sind Fehleinschätzungen vorgenommen worden", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag hat eine Untersuchungskommission beantragt.

Al Bakr wird vorgeworfen, eineinhalb Kilogramm hochexplosiven Sprengstoff hergestellt und damit einen Bombenanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant zu haben. Er wurde am Montag in Leipzig festgenommen. Am Mittwoch strangulierte er sich mit einem T-Shirt seiner Anstaltskleidung in seiner Zelle. Die Verantwortlichen in der Justizvollzugsanstalt Leipzig stellten zuvor keine erhöhte Suizidgefahr des Gefangenen fest.

Vernommen wurde der 22-Jährige nicht, wie aus dem Zeitablauf der Untersuchungshaft hervorgeht. Das bestätigen Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Demnach durften die sächsischen Behörden den Mann nicht mehr vernehmen, weil der Generalbundesanwalt das Verfahren an sich gezogen hatte. Ministerpräsident Tillich sagte, anhand der Ermittlungsergebnisse müsse genau geprüft werden, "ob wir Gesetze und Vorschriften anpassen müssen".

Dschaber al Bakr war Anfang 2015 als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland gekommen. Erst hierzulande soll er sich dem radikalen Islam zugewandt haben. Das sagte sein Bruder Alaa al Bakr dem "Spiegel". Vor seiner Flucht aus Syrien sei sein Bruder unpolitisch gewesen. Im September 2015 sei Dschaber über die Türkei nach Syrien gereist und habe sich in Rakka der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen, sagte Alaa al Bakr. Zurück nach Deutschland sei Dschaber "irgendwann in den vergangenen beiden Monaten gekommen".

(RP)
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