Persönlich Bodo Ramelow ... christianisiert die Linkspartei

Als Bodo Ramelow 2002 nach dem Schulmassaker in Erfurt die Trauerrede für einen Lehrer hielt, da sollte er auf Bibelsprüche verzichten - so der Wunsch der Angehörigen. Also zitierte Ramelow "Wenn ein Mensch lebt" der Ost-Band Puhdys: "Jegliches hat seine Zeit". Das ist natürlich doch Bibel, aber getarnt. Und der Protestant Ramelow hatte getan wie gewünscht.

Der damalige Landtags-Fraktionschef der PDS ist inzwischen 59 und Ministerpräsident von Thüringen, der erste in Deutschland aus der Linkspartei. Der gelernte Einzelhandelskaufmann ist mit der gebürtigen Italienerin Germana Alberti vom Hofe verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne. Er selbst ist gebürtiger Niedersachse.

Die Geschichte aus Erfurt ist typisch für seine Art der Unterwanderung einer großteils kirchenfeindlichen Partei. "Stein des Anstoßes" ist er deswegen, sagte Ramelow jetzt - sinnigerweise auf der Wartburg, diesem Glaubensleuchtturm im weithin glaubenslosen Osten. Dass 500 Jahre Reformation 2017 auch für Thüringen eine Chance sind, weiß Ramelow natürlich und verweist fleißig auf die vollen Hotels. Beim Geistlichen bleibt er zugeknöpft: "Das ist nicht durch die Politik zu organisieren." Seine Staatskanzlei sei Türöffner, "aber sonst gar nichts". Trotzdem steht er in Sachen Luther ganz in der Tradition seiner Vorgängerin, der Pastorin Christine Lieberknecht (CDU). Was auch heißt: Steuergeld für 2017. Das stößt manchen Linken auf. Die Laizisten in der Landespartei stören sich an angeblich einseitiger Luther-Verehrung. Ramelow sitzt also zwischen allen Stühlen - zugleich ist er der nützlichste Botschafter, den die Linke sich außerhalb des Biotops ihrer Ideologen wünschen kann: Bürgerschreck? Ich doch nicht! Reden über den Glauben ist natürlich auch politische Strategie.

Die Schlichtung im Tarifkonflikt bei der Bahn, die Ramelow mit zuwege brachte, begann übrigens jeden Morgen mit einer Tageslosung. Aus der Bibel.

(RP)
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