Essen Bewährungshelfer in NRW sollen Islamisten besser erkennen

Essen · Die Schulung von Justizbediensteten für den Umgang mit Muslimen übernimmt ab sofort ein "Zentrum für Interkulturelle Kompetenz".

NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat gestern in Essen ein spezielles Schulungs- und Forschungszentrum für den Umgang der NRW-Justiz mit Straftätern und anderen Bürgern mit muslimischem Glauben eröffnet. Ab Donnerstag sollen 600 Bewährungshelfer des Landes im Umgang mit Muslimen geschult werden.

Mit dem neuen "Zentrum für Interkulturelle Kompetenz der Justiz in NRW" (ZIK) will NRW extremistische Strömungen des Islam bekämpfen und Lösungen dafür finden, wie Gerichte, Staatsanwälte oder Gerichtsvollzieher am besten mit Bürgern mit islamischem Hintergrund umgehen. Der Richter Tim Behrend leitet das bundesweit einmalige Zentrum als Teil des Justizapparates, im Beirat ist der frühere NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP).

Biesenbach stellte klar, dass die Justiz den Islam zwar besser verstehen solle - aber auch keine falschen Kompromisse machen dürfe: So sei klar, dass es vor Gericht ein Verschleierungsverbot geben soll, die Umsetzung soll nun geprüft werden. Es könne beispielsweise auch nicht akzeptiert werden, dass Männer aus religiösen Gründen eine Klage nur bei einem Mann einreichen wollen. Wer eine Frau als Ansprechpartnerin nicht akzeptiere, müsse auf sein Recht verzichten.

Biesenbach nannte ein weiteres Beispiel: Gerichtsvollzieher müssten bei islamischen Familien die Schuhe beim Betreten der Wohnung nicht ausziehen, auch wenn dies in der arabischen Welt bei einem Besuch üblich sei. Biesenbach: "Ein Gerichtsvollzieher macht keinen Höflichkeitsbesuch." Das ZIK solle nun untersuchen, wie "diese und ähnliche Fragen" am besten gehandhabt werden - der Volljurist und Psychologe ist also offen für pragmatische Lösungen.

Wie das elfköpfige ZIK-Team vorgehen will, zeigt sich an der schon länger begonnenen Arbeit von vier Islamwissenschaftlern in den Haftanstalten des Landes. Das nun in das ZIK integrierte Team hat 2000 Gefängnismitarbeiter geschult, wie sie am besten erkennen, ob Häftlinge sich radikalisieren. Sie bieten Gesprächskreise an, bei denen sie vor einer einseitigen, extremen Auslegung des Islam warnen. "Viele dieser jungen Männer legen zwar großen Wert auf ihre muslimische Identität, doch in Wahrheit wissen sie fast nichts über ihre Religion", sagt Luay Radhan, ein promovierter Islamwissenschaftler und Politologe, der neben Deutsch, Französisch und Englisch auch Arabisch spricht. "Also erklären wir ihnen, dass die große Mehrheit der Moslems ein friedliches Zusammenleben will und dass sie sich von den Extremisten und ihrer Interpretation des Islam nicht verführen lassen sollen."

Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Justizminister Biesenbach sein Verhältnis zum Islam: Es mache keinen Sinn, grundsätzlich darüber zu streiten, ob diese Religion nun zu Deutschland gehöre oder nicht - es lebten sowieso viele Millionen Muslime in unserem Land.

Allerdings müsse Deutschland klarmachen, dass der radikale Islam keine Chance habe. "Es kommt auf die Werte an", sagt Biesenbach. "Die Scharia gehört sicher nicht zu Deutschland. Denn wer unsere Werte und unser Grundgesetz und die Gleichberechtigung von Frau und Mann nicht akzeptiert, gehört unabhängig von der Religion nicht dazu." Dies bedeute gegenüber Muslimen: "Die Gemäßigten und Weltoffenen sind willkommen, die anderen nicht."

(RP)
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