Berlin Benachteiligte Schüler holen auf

Berlin · Die Pisa-Studie wurde neu ausgewertet. Bei der Chancengleichheit liegt Deutschland dennoch hinten.

Kinder aus sozial und wirtschaftlich schwachen Elternhäusern in Deutschland sind in der Schule inzwischen erfolgreicher als noch vor zwölf Jahren. Das geht aus einer Sonderauswertung der Pisa-Studie 2015 in 72 Ländern hervor, die gestern in Berlin vorgestellt wurde. Demnach hat sich der Anteil der Schüler, die trotz schlechter Ausgangsbedingungen solide Schulleistungen erbracht haben, von 25 Prozent im Jahr 2006 auf 32,3 Prozent im Jahr 2015 gesteigert. In kaum einem anderen Land war dieser Anstieg so groß. Allerdings hinkt Deutschland beim Thema Chancengleichheit weiter hinterher.

Für die gute Entwicklung der sozial benachteiligten Schüler sind laut der für die Pisa-Studie verantwortlichen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor allem zwei Faktoren entscheidend: eine gute soziale Mischung an den Schulen und ein gutes Schulklima. Letzteres wird der Erhebung zufolge etwa dann erreicht, wenn Lehrer den Unterricht gut strukturieren und den Schülern damit Halt geben. Zu einem guten Klima gehört laut Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der OECD, außerdem eine niedrige Fluktuation bei den Lehrern.

Die OECD führt die Pisa-Studien seit dem Jahr 2000 in Ländern auf der ganzen Welt durch und evaluiert die Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schüler. Die neue Sonderauswertung wurde von der Vodafone Stiftung Deutschland initiiert und gefördert. Ziel war es, zu zeigen, was benachteiligten Schülern hilft.

Eine Hilfe ist es demnach auch, wenn die sozialschwachen mit bessergestellten Schülern unterrichtet werden. Dies helfe allen. "Es könnte ja sein, dass die bessergestellten Schüler sich dadurch verschlechtern. Das haben wir bei der Analyse aber nicht festgestellt", sagt Schleicher. Positiv bewertet er deshalb Bestrebungen wie die Zusammenlegung von Haupt- und Realschulen. Einen guten Einfluss habe auch der Ausbau des Ganztagsangebots gehabt: "Das bringt mehr Zeit, um schwächere Schüler zu unterstützen, und um Talente zu entdecken und zu fördern."

Trotz der hohen "Resilienz" deutscher Schüler - so bezeichnen die Wissenschaftler die Fähigkeit, trotz schwieriger Ausgangslage erfolgreich zu sein - mahnt die OECD, dass Deutschland bei der Chancengleichheit noch immer unterdurchschnittlich abschneidet. Seit dem Pisa-Schock Ende 2001, nachdem das Land ein sehr schlechtes Testergebnis eingefahren hatte, sei zwar viel passiert. Noch immer hänge schulischer Erfolg hierzulande jedoch zu sehr von sozialer Stellung ab. Und das, obwohl er sehr wichtig sei: "Wer an einer guten Erstausbildung scheitert, hat später kaum Chancen."

(lai)
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