Leverkusen Bayer bietet für Monsanto 55 Milliarden

Leverkusen · Es wäre die teuerste Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Bayer will den umstrittenen US-Konzern übernehmen. Die Aktie bricht wegen der Kosten ein. Bayer sichert Kündigungsschutz zu.

Der Bayer-Konzern macht ernst. Er will die größte Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte stemmen. Das Unternehmen bietet für den umstrittenen US-Konzern Monsanto 62 Milliarden Dollar (55 Milliarden Euro). Das ist mehr, als einst die Fusion von Daimler und Chrysler gekostet hat. Die Offerte entspricht einem Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie vor Bekanntwerden der Übernahme-Spekulationen. Bayer machte gestern sein Angebot öffentlich. Monsanto stellt den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat her und ist Marktführer bei der Herstellung von gentechnisch verändertem Saatgut.

"Wir sind seit Langem von Monsanto beeindruckt", sagte Bayer-Chef Werner Baumann. Bayer und Monsanto würden sich perfekt ergänzen und könnten gemeinsam einen Beitrag zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung leisten. Bayer ist führend beim Pflanzenschutz, Monsanto bei Saatgut. Durch die Fusion würde Bayer, derzeit die Nummer drei in der Agrarchemie, zur Nummer eins in der Welt aufsteigen. Der Bayer-Umsatz würde von 46 Milliarden auf 60 Milliarden Euro zunehmen, die Zahl der Mitarbeiter von 117.000 auf 140.000 steigen. Pharma und Agrarchemie wären damit gleich stark im Konzern.

An der Börse kamen die Pläne dennoch nicht gut an. Die Bayer-Aktie fiel teilweise um 3,6 Prozent auf 86,30 Euro und war damit erneut größter Verlierer im Dax. Damit rutschte Bayer, bis vor Kurzem noch wertvollster deutscher Konzern, auf Platz drei hinter SAP und Siemens ab. Die Anleger verstört, dass Bayer ein Viertel des Kaufpreises durch eine Kapitalerhöhung finanzieren will, was ihre Anteile stark verwässert. Zudem erschreckt sie der hohe Kaufbetrag.

Und der wird vermutlich noch steigen. Denn bislang hat sich der US-Riese negativ zu der Offerte geäußert: Das Angebot sei ungebeten. In Branchenkreisen heißt es, grundsätzlich finde auch Monsanto Bayer als Partner gut, wolle aber seinen Namen behalten und auch mehr Geld sehen. Damit bahnt sich ein teurer Übernahmekampf an. Zumal der größte deutsche Chemie-Konzern, die BASF, ebenfalls Interesse an Monsanto angemeldet, bislang aber kein offizielles Angebot abgegeben hat. "Kein Kommentar", hieß es dazu gestern am Stammsitz in Ludwigshafen. Auch eine gemeinsame Lösung der drei Unternehmen gilt als möglich.

Politisch stößt der Deal auf Widerstand. Umweltschützer sorgen sich vor einer Zunahme der Gentechnik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland warnte, der Konzern wolle offenbar trotz allen gesellschaftlichen Widerstands verstärkt auf Gentechnik setzen. Grünen-Politiker warnen vor der großen Marktmacht des neuen Konzerns, der Bauern weltweit in Abhängigkeit bringen würde.

Die Arbeitnehmer-Vertreter begrüßen dagegen die Pläne. "Die Übernahme von Monsanto sichert nachhaltig die Zukunftsfähigkeit von Bayer", sagte Oliver Zühlke, Chef des Bayer-Betriebsrats, unserer Redaktion. Zudem blieben die Arbeitnehmer geschützt: In einer Erklärung habe sich der Vorstand verpflichtet, am Kündigungsschutz bis 2020 festzuhalten. Zur Finanzierung des Deals werde es keinen Stellenabbau und keinen Verkauf von Geschäftsaktivitäten geben. Die Investitionen im Pharmageschäft würden unter dem Deal nicht leiden. Monheim solle Zentrale der Division CropScience bleiben, betonte Bayer. Die Zentrale des Saatgutgeschäftes soll jedoch nach St. Louis/Missouri, dem Sitz von Monsanto, gehen.

Für Werner Baumann, der erst seit drei Wochen den Konzern führt, wäre es ein Riesencoup. Er hat diesen bereits als Strategievorstand vorbereitet. Nun gibt es Spekulationen, wonach sein Vorgänger Marijn Dekkers vorzeitig ausgeschieden sei, weil er den Deal ablehne. Das wurde in Aufsichtsratskreisen zurückgewiesen. Dekkers' Pläne hätten lange vorher festgestanden. Der Aufsichtsrat steht einstimmig zu dem Monsanto-Deal.

(anh)
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