Enthüllungen durch Wikileaks-Dokumente Hollande schimpfte über Merkel

Paris · Die Wikileaks-Enthüllungen über das angebliche Abhören mehrerer französischer Präsidenten durch die USA sind auch für Frankreich peinlich: Aus den Dokumenten geht hervor, dass sich Francois Hollande nach einem Treffen 2012 abfällig über Angela Merkel äußerte.

Den in den von Wikileaks veröffentlichten Dokumenten findet sich unter anderem eine Notiz über ein geplantes Treffen französischer Spitzenpolitiker mit der SPD-Führung in Paris, das die Franzosen aber geheim halten wollten. Dem NSA-Bericht zufolge hatte sich Hollande zuvor über ein Treffen mit Merkel in der Vorwoche beschwert. Es sei reine Show gewesen, substanziell sei nichts erreicht worden.

Thema des Gesprächs, so schildern es die US-Geheimdienstler in einer Depesche, sei die Eurokrise gewesen. Offenbar war Hollande davon genervt, dass Merkel das Gespräch allein auf den europäischen Sparvertrag und die Situation in Griechenland konzentrierte. Merkel habe Athen "aufgegeben" und sei nicht bereit, sich auch nur ein Stück weit zu bewegen.

Unterdessen erklärte der Verteidigungsrat am Mittwoch in Paris, dass das Land keine Machenschaften dulden werde, die seine Sicherheit infrage stellen. Außenminister Laurent Fabius bestellte die amerikanische Botschafterin ein. Zudem werde der französische Geheimdienst-Koordinator in die USA reisen, kündigte Regierungssprecher Stéphane Le Foll an.

Nach Informationen der Enthüllungsplattform Wikileaks hat der US-Geheimdienst NSA die letzten drei französischen Präsidenten abgehört. Neben den Staatschefs Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und François Hollande sei auch die Kommunikation ranghoher Regierungsvertreter überwacht worden. Wikileaks berief sich auf geheime NSA-Unterlagen. Die US-Regierung lehnte eine konkrete Stellungnahme zu den Vorwürfen ab.

Der nach den Enthüllungen eilends einberufene französische Verteidigungsrat um Präsident Hollande verurteilte die Spähaktionen der Amerikaner als "inakzeptabel". US-Botschafterin Jane Hartley wird am Mittwoch um 18 Uhr im Außenministerium erwartet. Dass der Botschafter eines verbündeten Staates einbestellt wird, gilt als ungewöhnlich. Auch Deutschland hatte im Oktober 2013 in der Affäre um das Ausspähen des Handys von Kanzlerin Angela Merkel den amerikanischen Botschafter ins Auswärtige Amt zitiert.

Der Verteidigungsrat in Paris verwies darauf, dass die Spähaktionen der NSA schon nach ersten Enthüllungen 2013 zwischen den beiden Regierungen thematisiert wurden. Amerika sei damals Verpflichtungen eingegangen, die respektiert werden müssten. Regierungssprecher Le Foll versicherte am Morgen im Sender iTélé, das Thema nicht überspitzen zu wollen. "Was passiert ist, ist nicht akzeptabel, aber das heißt trotzdem nicht, dass wir in eine Krise kommen."

Am Nachmittag will Premierminister Manuel Valls in der Nationalversammlung zu den Enthüllungen Stellung nehmen. Dort steht auch das umstrittene neue Geheimdienstgesetz des Landes auf der Tagesordnung. Es setzt die Regeln für Spähaktionen der französischen Dienste. Kritiker befürchten, dass es eine Massenüberwachung im Internet legitimiere - die Regierung weist dies zurück.

(dpa)
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