Hochrechnungen zur Parlamentswahl Fünf-Sterne-Bewegung wird stärkste Kraft in Italien

Rom · Nach der Parlamentswahl in Italien können sich populistische und rechte Kräfte als Sieger feiern. Allerdings verbucht keine Partei die Mehrheit für sich. Eine Regierungsbildung dürfte Wochen dauern.

Nach der Parlamentswahl in Italien dürfte eine Regierungsbildung in den kommenden Wochen schwierig werden. Laut ersten Hochrechnungen vom frühen Montagmorgen lag das Mitte-Rechts-Bündnis aus mehreren rechten Parteien zwar vor der populistischen Fünf-Sterne Bewegung. Aber weder der rechte Block noch eine einzelne Partei hatte genug Unterstützung der Wähler bekommen, um eine Mehrheit im Parlament zu haben. Das Feilschen um eine neue Regierung wird nun wohl eine relativ lange Zeit in Anspruch nehmen.

Nach einer Hochrechnung des Rundfunksenders Rai lag das Mitte-Rechts-Bündnis bei 35,5 Prozent. Das Mitte-Links-Bündnis, darin die aktuelle Regierungspartei PD (Demokratische Partei) eingeschlossen, kam auf 23 Prozent. Eine weitere Hochrechnung sah die Fünf-Sterne-Bewegung bei 31,8 Prozent. Damit hätte auch sie keine eigene Mehrheit, alleine zu regieren. Die Partei Lega überholte laut Hochrechnungen Forza Italia innerhalb des Mitte-Rechts-Bündnisses.

Alessandro Di Battista, Top-Politiker der Fünf Sterne, stellte seine Bewegung als Sieger dar. Wenn Prognosen und Hochrechnungen stimmten, sei die Wahl ein "Triumph", sagte er vor Anhängern. Er rief die anderen Parteien zu Gesprächen auf. Sie seien willkommen, solange sie die "Methoden" der Fünf-Sterne-Bewegung nutzten - dazu gehörten ihm zufolge Transparenz und Korrektheit.

Der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, hatte vor der Abstimmung zunächst jeder Koalition eine Absage erteilt, später aber erklärt, er sei offen für Verhandlungen. Die Bewegung zieht ihre Kraft vor allem aus der Enttäuschung, die viele Wähler angesichts der vergangenen Politik empfinden. Die Arbeitslosenquote im Land liegt bei 10,8 Prozent. Das Wirtschaftswachstum ist vergleichsweise gering.

Femen-Aktivistin demonstriert gegen Silvio Berlusconi
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Foto: rtr, TG/MDP

Ein in London ansässiger Analyst der Denkfabrik Teneo, Wolfango Piccoli, sagte, die Fünf Sterne hätten bei der Wahl zwar stärkere Ergebnisse als erwartet eingefahren. Der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi habe aber für Forza Italia ein "Gentleman's Agreement" mit Matteo Salvini von Lega abgeschlossen. Darin hätten sie vereinbart, dass sie im Falle einer Mehrheit ihres rechten Bündnisses die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten jener Partei auftragen würden, die innerhalb des Blocks die meisten Stimmen erzielte.

Berlusconi selbst kann nicht wieder Regierungschef werden, da er als verurteilter Steuerbetrüger nicht kandidieren durfte. Er hatte den Präsidenten des Europaparlaments, Antonio Tajani, als möglichen Ministerpräsidenten ins Spiel gebracht.

Die DP räumte ihre Niederlage ein. "Das ist eine sehr klare Niederlage für uns", sagte der scheidende Minister Michele Martina vor Journalisten in Rom. Die Demokratische Partei rechne nun mit einem Ergebnis unter ihren Erwartungen. "Die Wähler haben sehr klar und unwiderlegbar gesprochen. Die Populisten haben gewonnen und die Demokratische Partei hat verloren", sagte der DP-Abgeordnete Andrea Marcucci im Online-Netzwerk Facebook. "Wir werden in der Opposition neu anfangen."

(se)
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